Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Freiburger Unverständnis
SC-Trainer Christian Streich hadert mit dem Schiedsrichter
FREIBURG (dpa) - Christian Streich baute sich vor Schiedsrichter Frank Willenborg auf und zerrte demonstrativ wie wild an seiner eigenen Jacke. Es war aber nicht das dunkelblaue Kleidungsstück, das der Trainer des SC Freiburg loswerden wollte, sondern seinen Ärger. Das späte Gegentor zum 1:2 (1:1) im badischen Verfolgerduell gegen die TSG 1899 Hoffenheim versetzte den Sport-Club in Rage. Streich sprach am Samstag von „Katastrophe“und „Wahnsinn“. Und im Gegensatz zu seinen sonstigen Gepflogenheiten kritisierte er den Referee aus Osnabrück ausführlich – wenn auch mit ruhiger Stimme. „Lucas Höler wird runtergerissen im Mittelfeld, und es wird gepfiffen: Freistoß für Hoffenheim. Ich habe Verständnis für viele Dinge, aber da hört’s dann auf“, sagte der 56-Jährige mühsam gefasst.
Was war geschehen? Ein Trikothalten von Kevin Vogt an Höler ahndete Willenborg nicht, dafür im Anschluss einen Hakler an Hoffenheims Sebastian Rudy. Der Freistoß führte zu einem Eckball, den Chris Richards in der vierten Minute der Nachspielzeit zum Siegtreffer für die TSG ins Netz köpfte. „Ein unvergessliches Gefühl“, sagte der Amerikaner später. So gewann die Mannschaft von Coach Sebastian Hoeneß das vierte Spiel in Serie und verdrängte Freiburg vom vierten Platz.
Was Willenborg auf seine ungehaltenen Worte nach dem Abpfiff gesagt habe? „Er antwortet mir dann, er habe es nicht gesehen. Ich frage mich: Hat er in eine andere Richtung geschaut?“, sagte Streich, der aber auch seine eigene Mannschaft in die Pflicht nahm: „Wir dürfen die engen Spiele nicht immer so weggeben, auch wenn die Entstehung vom zweiten Gegentor wirklich eine Katastrophe ist.“SC-Kapitän Christian Günter reagierte ebenfalls mit großem Unverständnis auf die Entscheidungen in der Schlussszene. „Ich sage am besten gar nichts. Weil jedes Wort, das ich jetzt sage, ist zu viel“, meinte er am Sky-Mikrofon. Günters Jubiläum – er bestritt sein 250. Spiel im Oberhaus für den SC – war jedenfalls gründlich verdorben.
Vor einer Woche erlebte Streich noch den 6:0-Sieg seiner Mannschaft in Mönchengladbach, jetzt stand er genauso fassungslos am anderen Ende der Gefühlsskala. Denn die Gastgeber hätten sogar in Führung gehen können, doch der frühere Freiburger Torwart Oliver Baumann hielt einen Foulelfmeter des ehemaligen Hoffenheimers Vincenzo Grifo (62. Minute). „Ich habe gedacht, er springt in die andere Ecke. Sehr, sehr bitter“, sagte Grifo. Die Nationalspieler David Raum mit seinem ersten Tor für Hoffenheim (3.) und Nico Schlotterbeck für Freiburg (21.) trafen zuvor vor coronabedingt nur 750 Zuschauern im EuropaPark Stadion. „Der Schiri hat hier und da nicht die richtige Entscheidung getroffen, das gehört dazu zum Fußball. Im Endeffekt war der Sieg dann auch verdient“, bilanzierte Raum.