Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Weltspitze in Reichweite
Biathleten verpassen das Staffel-Podest knapp
HOCHFILZEN (SID) - Nach der kräftezehrenden Achterbahnfahrt im Winter-Wunderland Hochfilzen freute sich Johannes Kühn auf die wohlverdiente Auszeit. „Es ist Zeit, ein bisschen Pause zu machen. Die letzten Tage waren sehr anstrengend, sowohl körperlich als auch mental“, sagte der 30-Jährige nach dem abschließenden Staffelrennen niedergekämpft.
Erst der sensationelle Sieg im Sprint am Freitag, dann die vergebenen Chancen in der Verfolgung und mit dem Team. „Ich bin muskulär nicht ganz auf der Höhe gewesen. Stehend hat der Oberschenkel manchmal gezuckt, wo er nicht zucken sollte“, sagte Kühn nach dem bitteren vierten Platz in der Staffel.
Den ersten Weltcupsieg seiner Karriere konnte Kühn aber keiner mehr nehmen. „Eben, das war super“, sagte er und lachte. So super, dass sich die lange Zeit schwächelnden deutschen Biathleten knapp zwei Monate vor den Olympischen Spielen in Peking (4. bis 20. Februar) wieder Hoffnungen auf Medaillen machen. Vor allem in der Staffel wachsen die Ambitionen. Auch wenn es am Sonntag unter anderem nach drei Kühn-Fehlern im Stehendschießen nicht ganz zum Podium reichte, bleibt Gold in Peking das Ziel für Bundestrainer Mark Kirchner. „Ich stehe nach wie vor dazu“, betonte er in der ARD. „Wenn alles stimmt“, sei der Olympiasieg nicht „unrealistisch“.
Das zeigte auch Startläufer Lesser, der mit zwei Nachladern auskam, seine Konkurrenten um den vierfachen Weltmeister Sturla Holm Lägreid (Norwegen) in der Loipe stehen ließ und als Führender an Kühn übergab.
Doch Kühn, der nach seinem Sprintsieg am Samstag auch im Jagdrennen lange auf Erfolgskurs gelegen hatte, aber im letzten Stehendschießen als Führender dreimal patzte, wackelte erneut. Dennoch war ein Stockerl-Platz möglich – bis Schlussläufer Nawrath auf der letzten Runde einbrach. Der Rückstand auf Sieger
Norwegen: genau eine Minute. 12,7 Sekunden fehlten aufs Podest.
„Wir haben uns noch ein Stück weiter rangepirscht“, sagte Kirchner: „Wir sind durchaus nicht unzufrieden. Aber wenn man die Möglichkeit hat, ums Podium zu kämpfen, möchte man es auch haben.“
Auf Platz vier landeten auch die Frauen und durften damit ebenfalls zufrieden sein. Vor allem Franziska Preuß, Denise Herrmann und Vanessa Hinz überzeugten. Die beiden Olympia-Hoffnungen Herrmann und Preuß machten viel Zeit gut, auch Hinz zeigte nach Platz zehn im Sprint erneut eine solide Leistung. Am Ende waren die Top 3 nur wenige Sekunden entfernt.
Am Sonntag bestätigten Herrmann und Hinz in der Verfolgung über 10 km ihre aufsteigende Form. Herrmann wurde im Jagdrennen beim Sieg der Norwegerin Marte Olsbu Röiseland trotz dreier Schießfehler Siebte (+1:20,4 Minuten), Hinz (+1:24,6) löste nach zwei Strafrunden als Achte die Olympia-Norm des DSV. Die wichtige Erkenntnis für die in der Vergangenheit so verwöhnte, aber zuletzt in Rückstand geratene Biathlon-Nation: Die Weltspitze ist mit Blick auf die Winterspiele im Februar in Reichweite – bei den Frauen genauso wie bei den Männern.