Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Mehr Booster-Impfungen, mehr Corona-Experten
Die dritte Impfung soll auch bei Omikron vor schweren Verläufen schützen – Lage auf den Intensivstationen entspannt sich leicht
BERLIN - Booster,●2G plus, Omikron, Expertenrat und Intensivpatienten. Die Corona-Lage.
Booster statt Test
Wer eine Auffrischungsimpfung bekommen hat, erspart sich in weiten Bereichen des öffentlichen Lebens, in denen das Modell 2G plus gilt (geimpft oder genesen und zusätzlich getestet), zukünftig den aktuellen Test. So hatten das mehrere Bundesländer bereits beschlossen und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte das als Booster-Anreiz für gut befunden. Nun soll dies nach dem Willen der Gesundheitsministerkonferenz bundesweit gelten. Ausgenommen sind aber Alten- und Pflegeheime – dort bleibt es bei der Testpflicht. Der Test-Entfall stößt nicht nur auf Zustimmung. Für die Chefin des Bundesverbandes der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, wäre es klüger gewesen, abzuwarten, wie sich die Pandemie entwickelt. Auch der Virologe Martin Stürmer warnt, dass die Datenlage noch zu unsicher sei. Bund und Länder wollen die neue Regelung jedenfalls „laufend bewerten“und gegebenenfalls anpassen. Zudem müssen die Länder Details klären: In Baden-Württemberg und in Thüringen etwa sind bereits auch Menschen vom Test bei 2G plus ausgenommen, deren zweite Impfung weniger als sechs Monate zurückliegt, und Genesene, deren Erkrankung nicht länger als sechs Monate her ist.
Omikron kommt
Nach Großbritannien und Dänemark verzeichnet auch Irland einen Anstieg von Infektionen mit Omikron. Die Mutante sei für elf Prozent der neuen Fälle in Irland verantwortlich, teilten die Gesundheitsbehörden mit (in Großbritannien sind es bereits 40 Prozent, in Dänemark zehn Prozent). Man rechne mit einem „sehr schnellen Anstieg“in den kommenden Tagen. Für den deutschen Viren-Forscher Richard Neher, der an der Uni Basel arbeitet, könnte Omikron „in etwa zwei bis vier Wochen in Europa vorherrschend sein“. Die Übertragungsrate sei dreimal so hoch wie bei Delta. In Deutschland war bisher von 28 offiInfektion ziell Erfassten die Rede, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder teilte aber am Dienstag mit, dass es aktuell allein im Freistaat 87 Verdachts- und 39 bestätigte Omikron-Fälle gebe.
Schutz vor schwerer Erkrankung Einer in Südafrika veröffentlichten Untersuchung zufolge bot eine zweifache Biontech-Impfung auch noch bei Omikron einen 70-prozentigen Schutz vor schweren Verläufen, schützte aber nur noch zu 33 Prozent vor einer Infektion. Zuvor hatte eine Studie der Uni Oxford gezeigt, dass zwei Dosen Astrazeneca oder Biontech nur noch unzureichend Antikörper gegen Omikron aktivieren. Für Minister Karl Lauterbach zeigen die Daten, dass Omikron „doppelt Geimpfte ohne Booster leicht infiziert. Vier Monate nach der zweiten Impfung dürften zwei Drittel des Impfschutzes vor symptomatischer weg sein. Der Schutz vor schwerer Krankheit dürfte länger anhalten.“
Neue Expertenrunde
Nach dem immer wieder erhobenen Vorwurf, die GroKo habe sich in Sachen Pandemie zu einseitig beraten lassen, gibt es bei der Ampel nun einen Corona-Expertenrat, der im Kanzleramt angesiedelt ist. Karl Lauterbach betont die Breite der vertretenen Wissenschaft. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wünscht sich Ratschläge, die in die Ministerpräsidentenkonferenzen einfließen sollen. Tatsächlich sind etwa die Virologen Christian Drosten und Hendrik Streeck vertreten, die in der Pandemie häufig unterschiedliche Ansätze verfolgt haben. Als in der Öffentlichkeit sehr bekannt können zudem der Präsident des RobertKoch-Instituts, Lothar Wieler, der
Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, und die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, gelten. Aber auch weit weniger bekannte Personen wie der Landrat von Ludwigslust-Parchim, Stefan Sternberg (SPD), oder der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Dresden, Reinhard Berner, sind vertreten. Ein durchaus vielstimmiger Chor mit 19 Mitgliedern. Eine Pattsituation wird es bei Abstimmungen also nicht geben.
Ob überhaupt namentlich über Ratschläge an die Politik abgestimmt wird und wie genau die Regeln der wöchentlichen Beratungen ausfallen sollen, wurde am Dienstag besprochen. Zunächst sei es um Einzelheiten der künftigen Treffen und um die Arbeitsweise des Gremiums gegangen, hieß es von einem Regierungssprecher.
Etwas weniger Patienten
Nicht nur die Inzidenzen zeigen einen leichten Abwärtstrend, auch auf den Intensivstationen entspannt sich die Lage in Deutschland, wenn auch nur leicht und auf hohem Niveau. Aktuell liegen laut der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) 4892 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 34 weniger als am Vortag und 30 weniger als vor einer Woche. Der höchste Wert bisher war am 3. Januar mit 5762 erreicht worden. Ursprünglich war DIVI davon ausgegangen, dass ein neues Allzeithoch auf den Intensivstationen rund um Weihnachten unvermeidbar sei.
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