Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Dicke und anspruchsvolle Bücher erst mal meiden“
Melanie Hainke vom Jugendliteraturpreis „Buxtehuder Bulle“gibt Tipps zum Bücherkauf für Jugendliche
BUXTEHUDE (epd) - Weihnachtszeit ist Bücherzeit. Laut „Stiftung Lesen“greifen aber nur noch 32 Prozent der Jugendlichen zum Buch. Wie es mit der Freude am Lesen klappt, verrät Melanie Hainke vom Jugendliteraturpreis „Buxtehuder Bulle“im Gespräch mit Julia Pennigsdorf vom Evangelischen Pressedienst.
Der Anteil der Jugendlichen, die regelmäßig lesen, ist so niedrig wie noch nie in den letzten zehn Jahren. Nehmen Sie das auch so wahr? Ehrlich gesagt überrascht mich das. Nach allem, was ich wahrnehme und von Buchhändlern höre, hat das Interesse am Lesen in den beiden Corona-Jahren zugenommen. Auch die Zahl der Bewerbungen von Jugendlichen, die gerne in der Jury unseres Jugendbuchpreises mitwirken wollen, ist gestiegen. Trotzdem stimmt es natürlich, dass es nicht immer leicht ist, Kinder und Jugendliche für Bücher zu interessieren.
Auch dieses Jahr werden wieder viele Bücher unter den Tannenbäumen liegen. Was gilt es zu beachten, damit sie gelesen werden? Grundsätzlich spielt das Leseverhalten der Eltern selbst eine Rolle. Lesen sie gerne? Nehmen sie regelmäßig ein Buch in die Hand? Eltern nehmen eine Vorbildfunktion ein. Und dann ist es natürlich wichtig, das passende Buch auszuwählen.
Und wie gelingt das?
Wer ein Buch verschenken will, sollte sich das Alter, die Persönlichkeit und die Interessen des Jugendlichen genau vor Augen führen. Ich gehe in solchen Fällen in die Buchhandlung, scanne die Titel, lese die ersten Sätze oder einfach eine Passage in der Mitte des Buches. Dabei habe ich den jungen Menschen, den ich beschenken möchte, im Hinterkopf. Ich frage mich, ob es ihr oder ihm wohl gefallen würde, ob Handlung und Sprachstil zu diesem Jugendlichen passt.
Was sollten Schenkende vermeiden?
Gerade, wenn jemand noch kein Büchernarr ist, würde ich dicke Bücher vermeiden und auch solche, die zu anspruchsvoll sind. Grundsätzlich sollte es nicht um pädagogisch wertvolle Bücher gehen, die klug machen sollen, sondern um Spannung und Spaß.
Welche Genres liegen bei Jugendlichen aktuell im Trend? Fantasy und Dystopien, Krimis und Thriller sind beliebt. Viele Jugendliche interessieren sich für Romane, in denen es um hochaktuelle, gesellschaftsrelevante Themen geht, wie Migration, Klimawandel oder das Thema Gender. Es gibt auch schon erste Bücher über die Pandemie.
Wenn Sie vom Wert des Lesens überzeugen müssten, was würden Sie sagen?
Lesen macht glücklich. Beim Lesen entsteht ein Sog, der mich in andere Welten entführt. Es ist eine Chance, eine Auszeit vom Alltag zu nehmen. Lesen kann junge Menschen stärken. Die erste Liebe, Freundschaften, mein Platz in der Klassengemeinschaft – all diese Höhen und Tiefen kann ich mit den Protagonisten in meinen Büchern erleben und fühle mich mit meinen Problemen und Sorgen weniger alleine.
Wie lautet Ihre persönliche Buchempfehlung in diesem Jahr?
„Vor uns das Meer. Drei Jugendliche, drei Jahrzehnte, eine Hoffnung“des US-amerikanischen Autors Alan Gratz. Er hat für sein Jugendbuch den diesjährigen „Buxtehuder Bullen“gewonnen.