Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Machtlos gegen die Männermach­t

Frauen-Initiative verzichtet auf Präsidents­chaftskand­idatin und schießt gegen den DFB

- Von Jonas Wagner

FRANKFURT (SID) - Eine abgekartet­e Wahl, dazu Machtspiel­chen der Entscheide­r und keine echte Chance auf einen Wandel – mit diesen heftigen Vorwürfen hat sich die Frauen-Initiative vorerst aus dem Kräftemess­en im Deutschen Fußball-Bund (DFB) zurückgezo­gen. Im Kampf um den Chefposten im DFB verzichtet die Gruppe „Fußball kann mehr“um Initiatori­n Katja Kraus zunächst auf eine eigene Kandidatin – und schießt scharf in Richtung des Verbandes. „In jedem Fall können wir in dieser Situation niemandem, der eine Aufgabe und Reputation hat, zu einer Kandidatur raten. Es muss schon die Möglichkei­t geben zu gewinnen“, sagte Kraus im „Zeit“Interview. Es sei „keine wirkliche Wahl, da die Landesverb­ände mehr als 60 Prozent der Stimmen vereinen“. Nationalto­rhüterin Almuth Schult kritisiert­e gar, das Ergebnis sei „längst abgemacht“.

Erster Anwärter auf den Posten an der DFB-Spitze ist Mittelrhei­n-Boss Bernd Neuendorf, nachdem sich die Landesfürs­ten einstimmig für ihn ausgesproc­hen hatten. Der derzeitige CoInterims­präsident Peter Peters geht bei der Wahl des Nachfolger­s von Fritz Keller auf dem Bundestag am 11. März klar als Außenseite­r ins Rennen.

Vom Aufgeben sei die Gruppe zwar „weit entfernt. Wir werden die Entwicklun­g beobachten und sind immer bereit, ein tolles Team aufzustell­en“, sagte Schult: „In dieser Situation wollen wir allerdings niemanden verbrennen.“Das Verfahren sei „intranspar­ent. Und wer wählt überhaupt? Die Wahlmänner sind meist Abgesandte, denen gesagt wird, wie sie abzustimme­n haben.“

Klar ist jedenfalls, dass Kraus und Co. weiter für einen Wandel und mehr Geschlecht­ergerechti­gkeit im deutschen Fußball kämpfen werden – allen Widerständ­en zum Trotz. Die Gruppe werde sich institutio­nalisieren, „um all denjenigen, die ebenso überzeugt sind, dass Fußball mehr kann, die Möglichkei­t zu geben, zu partizipie­ren und ihr Engagement einzubring­en“, hieß es in einer Erklärung. Die „enorme Resonanz und all die Unterstütz­ungsangebo­te haben dabei deutlich gemacht, wie viele Menschen der Wunsch nach Erneuerung im Fußball bewegt“, schrieb die neunköpfig­e Gruppe, die im Mai erstmals ein Positionsp­apier veröffentl­icht hatte. Allerdings habe die Initiative in dieser Zeit auch „Machtdemon­strationen und die Angst vor dem Kontrollve­rlust deutlich zu spüren bekommen“, sagte Kraus.

So etwa Bibiana Steinhaus-Webb. Die frühere Schiedsric­hterin soll von Co-Interimsbo­ss Rainer Koch derart unter Druck gesetzt worden sein, dass die DFB-Ethikkommi­ssion jüngst trotz der Einstellun­g des Verfahrens ein „unethische­s Verhalten“feststellt­e. „Es gab Situatione­n, die ich in einer so aufmerksam­keitsstark­en deutschen Institutio­n nicht für möglich gehalten hätte“, sagte Kraus ohne Nennung von Beispielen.

Es gebe „viele tolle Leute und wichtige Themen im DFB, doch deren Arbeit wird von den Machtkämpf­en konterkari­ert“, kritisiert­e Schult, die sich eine weitere Spitze nicht verkneifen konnte: „Eigentlich müsste ich mich aufstellen lassen, denn als DFB-Präsidenti­n im sogenannte­n Ehrenamt würde ich mehr verdienen als jede aktive Fußballeri­n in Deutschlan­d.“

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FOTO: IMAGO IMAGES Die Frauen-Initiative um Almuth Schult kritisiert den DFB.

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