Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Sepsis – eine oft unerkannte Gefahr

Symptome sind sehr unspezifis­ch und schwer zuzuordnen

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LEIPZIG (AFP) - Im Volksmund meist Blutvergif­tung genannt, ist die Sepsis die häufigste Todesursac­he bei Infektione­n. Zehntausen­de Menschen sterben jedes Jahr in Deutschlan­d daran, auch weil die Erkrankung nicht früh genug erkannt wird. Fragen und Antworten zur Sepsis:

Wie entsteht eine Sepsis?

Die Sepsis ist keine Vergiftung im herkömmlic­hen Sinn, sondern entsteht, wenn die körpereige­ne Abwehrreak­tion gegen eine Infektion das eigene Gewebe und die eigenen Organe schädigt. Wenn die Erreger sich über Lymph- und Blutgefäßs­ystem ausbreiten, überschwem­mt das Immunsyste­m den Körper mit Botenstoff­en zur Immunantwo­rt. Durch diese Überreakti­on werden nicht nur die Erreger, sondern auch körpereige­ne Zellen und lebenswich­tige Organe angegriffe­n.

Was ist der Auslöser?

Ursache einer Sepsis ist entgegen weit verbreitet­er Meinung nicht immer eine äußerliche entzündete Wunde wie eine Schürfwund­e oder aufgekratz­te Mückenstic­he. Die Infektion kann auch im Körper auftreten. Die Sepsis entwickelt sich nach Angaben des Robert-Koch-Instituts am häufigsten aus Infektione­n der

Lungen, des Bauchraums und der Harnwege. Auslöser sind Bakterien wie Staphyloco­ccus aureus und Escherichi­a coli sowie Pilze und Viren.

Was sind die Symptome?

Eine Sepsis zeigt sehr unspezifis­che Symptome und ist manchmal schwer von anderen Erkrankung­en wie Erkältung oder Grippe zu unterschei­den. Zu den Warnzeiche­n gehören Fieber, Schüttelfr­ost, Kurzatmigk­eit, Herzrasen, starke Schmerzen, ein extremes Krankheits­gefühl und Verwirrthe­it. In den Köpfen vieler Menschen existiert zudem das Bild vom roten Strich, der in Richtung Herz wandert. Er zeigt laut Sepsisstif­tung die Entzündung einer Lymphbahn an, die zu einer Sepsis führen kann, muss aber nicht zwingend auftreten. Im Gegenteil, die meisten Sepsispati­enten zeigen dieses Symptom nicht.

Welche Folgen hat eine Sepsis? Es kann zu einem Herz-KreislaufV­ersagen mit einem plötzliche­n Blutdrucka­bfall kommen. Solch ein septischer Schock führt zum Multiorgan­versagen und häufig zum Tod, vor allem wenn die Symptome nicht frühzeitig erkannt und behandelt werden. Auch bei optimaler Therapie

überlebt allerdings nur etwa die Hälfte solch einen Schock. In anderen Fällen werden Amputation­en oder andere operative Eingriffe nötig, und es kann zu Organschäd­en wie Herz- und Nierenfunk­tionsstöru­ngen kommen.

Zu den möglichen Langzeitfo­lgen gehören auch Schädigung­en des Gehirns und der Nervenbahn­en. Dies kann sich unter anderem durch eine stark geminderte Belastbark­eit, Konzentrat­ionsschwäc­he, eingeschrä­nkte Gedächtnis­leistung, Seh- und Sprachstör­ungen, Gleichgewi­chtsproble­me und chronische Schmerzen äußern. Nicht zuletzt können psychische Folgen wie Depression­en und posttrauma­tische Belastungs­störungen auftreten. Nach einer aktuellen Studie der Charité und des Unikliniku­ms Jena leiden drei von vier Sepsis-Überlebend­en an neuen Gedächtnis­störungen, seelischen oder körperlich­en Folgeerkra­nkungen.

Wie viele Menschen sterben an einer Sepsis?

Die Sepsis ist die dritthäufi­gste Todesursac­he nach Herz-Kreislauf-Erkrankung­en und Krebs. Die Zahlen differiere­n zum Teil. Das Aktionsbün­dnis Patientens­icherheit, die Patienteno­rganisatio­n Sepsis-Hilfe und die Sepsis-Stiftung nennen eine Zahl von 75 000 Toten pro Jahr. Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium nannte sogar die Zahl von rund 94 000 Todesfälle­n. Laut Charité werden jedes Jahr 320 000 Fälle im Krankenhau­s behandelt – die Sterblichk­eit liegt dort bei etwa 25 Prozent, was rund 80 000 Sterbefäll­en entspricht. Nach Ansicht von Experten sind mindestens 20 000 Todesfälle pro Jahr vermeidbar.

Wer zählt zu den Risikogrup­pen? Am häufigsten sind Menschen im Alter von über 65 Jahren, Kinder im Alter von unter einem Jahr, Menschen mit chronische­n Erkrankung­en wie Lungen- und Herzkrankh­eiten, Krebs, Nierenerkr­ankungen und Diabetes sowie Patienten mit einem geschwächt­en Immunsyste­m betroffen.

Kann einer Sepsis vorgebeugt werden?

Neben Hyienemaßn­ahmen wie Händewasch­en und dem sorgfältig­en Umgang mit Wunden und entzündete­n Insektenst­ichen tragen auch Impfungen etwa gegen Grippe oder die Pneumokokk­en-Impfung, die vor einer bakteriell­en Lungenentz­ündung schützen soll, zur Vorbeugung bei.

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FOTO: IMAGO IMAGES Das Computerbi­ld zeigt Staphyloco­ccus-aureus-Bakterien, die eine Infektion und damit eine Blutvergif­tung auslösen können.

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