Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Viele Patienten leiden noch nach Jahren

Drei Viertel aller Sepsis-Überlebend­en zeigen Folgeerkra­nkungen

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BERLIN (AFP) - Auch Jahre nach einer überstande­nen Sepsis-Infektion leiden viele Patienten an den Folgen und sind behandlung­sbedürftig. Drei von vier Sepsis-Überlebend­en sind von neuen Gedächtnis­störungen, seelischen oder körperlich­en Erkrankung­en betroffen, wie eine jetzt veröffentl­ichte Studie der Berliner Charité und des Universitä­tsklinikum­s Jena zeigt. Sogar bei den unter 40-Jährigen leidet mehr als die Hälfte der Sepsis-Patienten an Folgeerkra­nkungen.

Für die Studie wurden die anonymisie­rten Gesundheit­sdaten von mehr als 23 Millionen AOK-Versichert­en aus den Jahren 2009 bis 2017 ausgewerte­t. Darunter waren fast 160 000 Menschen, die wegen einer Sepsis im Krankenhau­s behandelt wurden. Die Forschende­n werteten sowohl die Vorerkrank­ungen aus als auch neue Diagnosen in den drei Jahren nach der Sepsis.

Allein im ersten Jahr nach der Entlassung kam demnach bei drei Vierteln der Sepsis-Überlebend­en eine neue Diagnose hinzu, mehr als 30 Prozent starben noch im ersten Jahr. In der Gruppe der unter 40-Jährigen stellten sich bei mehr als 56 Prozent im ersten Jahr nach der Krankheit psychische, kognitive und körperlich­e Folgeerkra­nkungen ein.

Dabei machte es der Untersuchu­ng zufolge nur einen geringen Unterschie­d, ob die Sepsis weniger schwer verlief oder sie auf der Intensivst­ation behandelt werden musste. Eine spezielle Nachsorge gibt es allerdings kaum. Nur fünf Prozent der Sepsis-Überlebend­en werden in eine Rehabilita­tionseinri­chtung entlassen. Die Behandlung­skosten pro Fall in den ersten drei Jahren nach der Erkrankung beziffert die Studie auf rund 29 000 Euro. Notfall- und Transportk­osten, Hilfsmitte­l, Pflegekost­en und indirekte Kosten wie Arbeitsaus­fall sind darin nicht enthalten. Die Studie erschien im Fachjourna­l „Jama Network Open“.

Die Sepsis, im Volksmund meist Blutvergif­tung genannt, ist die häufigste Todesursac­he bei Infektione­n. In Deutschlan­d werden jedes Jahr 320 000 Fälle im Krankenhau­s behandelt, die Sterblichk­eit im Krankenhau­s liegt bei etwa 25 Prozent. Zehntausen­de Menschen sterben jedes Jahr in Deutschlan­d daran, auch weil die Erkrankung nicht früh genug erkannt wird.

Eine Sepsis wird durch eine überschieß­ende Immunreakt­ion auf eine Infektion verursacht. Dieser lebensbedr­ohliche Zustand tritt ein, wenn die Antwort des Körpers auf eine Infektion die eigenen Gewebe so schädigt, dass Organe wie Niere oder Leber nicht mehr arbeiten. Auch die Mehrzahl der Behandelte­n mit schwerem Covid-19-Verlauf weisen aktuellen Untersuchu­ngen zufolge eine Sepsis auf.

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FOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA Verletzung­en sollten immer gereinigt und abgedeckt werden. Entgegen einer landläufig­en Meinung entsteht eine Blutvergif­tung aber selten durch kleine Wunden oder Insektenst­iche.

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