Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Walker sieht Süden bei Gasmangel nicht benachteiligt
Umweltministerin widerspricht Befürchtungen aus der CDU über ungerechte Energie-Verteilung
STUTTGART - Ist Baden-Württemberg im Nachteil, wenn das Gas in Deutschland knapp wird? Darum sorgt sich zumindest die CDU im Stuttgarter Landtag. Nun hält die Umweltministerin vom grünen Koalitionspartner dagegen. „BadenWürttemberg wird nicht benachteiligt werden“, sagt sie der „Schwäbischen Zeitung“. „Richtig ist, dass es in einer Gasmangellage kein NordSüd-Gefälle geben wird.“
Niemand weiß, wie viel Gas der Bundesrepublik in der kalte Jahreszeit zur Verfügung stehen wird. Wegen des Kriegs Russlands gegen die Ukraine will Deutschland die Pipeline Nord Stream 2 nicht in Betrieb nehmen. Nord Stream 1 ist wegen angekündigter Wartungsarbeiten außer Betrieb. Möglich aber, dass Russlands Präsident Wladmir Putin nach Abschluss der Arbeiten kein Gas mehr durch die Leitung fließen lässt.
Raimund Haser, energiepolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, hatte jüngst erklärt, er sorge sich darum, dass der Südwesten bei der Verteilung des Gases, das im Winter da ist, abgehängt würde. „Es fehlt mir der Glaube, dass im Ruhrgebiet Stahlkocher abgehängt werden, um im Südwesten Zementwerke laufen zu lassen“, hatte er der Deutschen Presse-Agentur gesagt. In der
Krise zeige sich, wie wenig Bedeutung Baden-Württemberg für die Norddeutschen Olaf Scholz (SPD) und Robert Habeck (Grüne) habe. „Ein Kanzler aus Hamburg und ein Wirtschaftsminister aus SchleswigHolstein denken nicht an das Zementwerk auf der Schwäbischen Alb oder die Gießerei im Schwarzwald.“
Auch die Südwest-Industrie sorgt sich um die Gasversorgung. Noch ist unklar, wer den nötigen Rohstoff weiter bekommt, wenn dieser knapp wird und die Bundesregierung die Notfallstufe, die dritte und höchste Stufe im Notfallplan, ausruft. Dann greift die Bundesnetzagentur in die Verteilung ein. Auf die Liste, welche Unternehmen dann bedacht werden, haben die Länder kaum Einfluss. Das ist Sache der Bundesnetzagentur, die Verteilungskriterien erarbeitet.
Der Wangener CDU-Abgeordnete Haser glaubt nicht, dass es zu einer gerechten Verteilung kommen werde. „Wenn dieser unregulierte Zustand noch lange anhält, ist BadenWürttemberg beim Notfallplan Gas der große Verlierer, weil wir am Ende der Leitung leben und unsere Wirtschaft stark vom Gas abhängig ist“, sagte er.
Das stimme nicht – aus zwei Gründen, betont das Südwest-Umweltministerium. Zum einen sei die Bundesnetzagentur verpflichtet, die gesamte Republik in einer Mangellage gleichmäßig mit Gas zu versorgen. Zum anderen fließe das Gas nicht nur aus dem Norden Richtung Baden-Württemberg, sondern auch aus anderen EU-Ländern – inzwischen vermehrt aus Frankreich via Schweiz, Italien und den Beneluxstaaten. Das schaffe eine bessere netztechnische Situation fürs Land, als wenn das Gas nur aus dem Nordosten komme.
„Ich bedauere die Debatte der CDU außerordentlich“, sagt Walker und ruft ihren Koalitionspartner zur Räson. „Es geht jetzt in der Krisensituation darum, dass wir Vertrauen schaffen bei den Menschen, indem wir die aktuellen Entwicklungen bei der Gasversorgung ruhig und seriös erläutern und uns auf eine mögliche Gasmangellage vorbereiten.“
Zwar seien im bundesweiten Vergleich die Gasspeicher in Süddeutschland unterdurchschnittlich gefüllt – im Umweltausschuss des Landtags sprach sie vergangene Woche von eine Füllstand von 64,5 Prozent. Die Gasspeicher in Gesamtdeutschland seien aber mit rund 64 Prozent ordentlich, auch besser als in den Vorjahren, gefüllt.