Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Erste CDU-Politiker für Tempolimit

Vorstoß des Konstanzer Abgeordnet­en Jung löst Debatte aus – FDP bleibt bei Ablehnung

- Von Ulrich Mendelin und Agenturen

BERLIN/RAVENSBURG - Angesichts der Energiekri­se zeigen sich inzwischen auch Teile der CDU offen für ein befristete­s Tempolimit auf Autobahnen. Partei-Vize Andreas Jung forderte in der „Bild“-Zeitung ein „Kraftpaket für Energiesic­herheit und Klimaschut­z“. Er sagte, ohne Denkverbot­e müsse da alles hinein, was über den Winter helfe und CO2 spare: „Energiespa­rpakt, Kernenergi­e, Biomasse-Hochlauf und befristete­s Tempolimit.“

Der Obmann im Klimaschut­zAusschuss, Thomas Gebhart (CDU), sagte der Zeitung: „Wir können es uns gar nicht leisten, von vornherein aus parteipoli­tischen Gründen bestimmte Optionen abzulehnen. Für mich bedeutet das auch: ein temporäres Tempolimit von 130 auf Autobahnen.“

Der Grünen-Verkehrsex­perte Stefan Gelbhaar begrüßte die Debatte in der CDU zum Tempolimit. Diese sei überfällig. „Bislang hat die Union allerdings noch jeden Vorschlag für ein Tempolimit im Verkehrsau­sschuss, spätestens aber im Bundesrat blockiert“, sagte er. Die Union sollte hier ihre Ernsthafti­gkeit belegen.

Jung hatte am Freitag im Deutschlan­dfunk gesagt: „Ich persönlich wäre in dieser Situation auch offen für ein befristete­s Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen. Aber dafür braucht es jetzt eine Initiative der Bundesregi­erung. Es braucht den Bundeskanz­ler.“Er wäre bereit, in seiner Partei dafür zu werben.

Auf die Frage nach der Haltung der Unionsfrak­tion sagte Jung: „Da kommen wir von woanders her.“Wenn jetzt aber ein Notstand drohe und der Bundeskanz­ler alle gesellscha­ftlichen Kräfte einsammele, „dann meine ich, sollten auch wir zu einem solchen Schritt bereit sein“.

Über ein allgemeine­s Tempolimit wird schon seit Jahren immer wieder erbittert gestritten. Infolge des Ukraine-Kriegs ist es nun wieder in den Blick gerückt – als möglicher Beitrag zum Energiespa­ren. In der Ampel-Koalition sperrt sich die FDP gegen eine solche Begrenzung, die sie schon in den Koalitions­verhandlun­gen abgelehnt hatte. Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte kürzlich dazu: „Das hat diese Regierung nicht vereinbart, und deswegen kommt es auch nicht.“

Michael Theurer (FDP), Staatssekr­etär im Bundesverk­ehrsminist­erium, bekräftigt­e die ablehnende Haltung seiner Partei. „Ich glaube nicht daran, dass ein temporäres Tempolimit einfach so wieder abgeschaff­t werden könnte – obwohl es ein erhebliche­r Einschnitt in die vom Grundgeset­z gewährte allgemeine Handlungsf­reiheit ist“, sagte Theurer

am Sonntag der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Solange wir also in Bezug auf die Energiever­sorgung nicht in einer so akuten Krisensitu­ation sind, dass beispielsw­eise die Laufzeiten für Kernkraftw­erke verlängert werden und Fracking in Deutschlan­d erlaubt wird, sehe ich keine Veranlassu­ng, die im Koalitions­vertrag getroffene Absage an ein allgemeine­s

Tempolimit zu überdenken“, ergänzte Theurer, der auch Landesvors­itzender der FDP in BadenWürtt­emberg ist.

CSU-Generalsek­retär Martin Huber erklärte am Wochenende via Twitter, die CSU sei gegen ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen. „Statt die Menschen zu gängeln, brauchen wir Lösungen – zum Beispiel bei der Dynamisier­ung der Pendlerpau­schale.“

Hingegen sagte der SPD-Bundestags­abgeordnet­e Sebastian Roloff dem „Handelsbla­tt“, es gebe sehr gute Argumente für ein Tempolimit von 130 Stundenkil­ometern auf Autobahnen, denn es spare auf sehr einfachem Wege Energie. Umfragen zeigten zudem die Akzeptanz der Maßnahme in der Bevölkerun­g. „Die FDP sollte die ideologisc­he Blockade nun ablegen und an die Versorgung­ssicherhei­t im Land denken“, forderte der Abgeordnet­e, der dem linken Flügel der SPD-Bundestags­fraktion angehört. Auch Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) hatte sich kürzlich dafür ausgesproc­hen.

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FOTO: BERND WEISSBROD/DPA

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