Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Jemand hat geplaudert

Ausgerechn­et aus dem Verteidigu­ngsausschu­ss wurden Geheimniss­e verraten – Staatsanwa­ltschaft ermittelt

- Von Ellen Hasenkamp

BERLIN - Im Bundestag sorgt der Verdacht des Geheimnisv­errats insbesonde­re aus dem besonders sensiblen Verteidigu­ngsausschu­ss für Unruhe. Auch in einer „von Transparen­z geprägten Informatio­nsgesellsc­haft“gebe es Informatio­nen, „die geschützt werden müssen“, sagte der SPD-Verteidigu­ngsexperte und Ausschussm­itglied Johannes Arlt der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Der Schutz dieser Informatio­nen dient dazu, Schaden von Deutschlan­d abzuwenden.“Er forderte, die Vorgänge „dringend und vollständi­g“aufzukläre­n, und fügte hinzu: „Insbesonde­re die angespannt­e sicherheit­spolitisch­e Lage erfordert das.“

Hintergrun­d sind Ermittlung­en der Berliner Staatsanwa­ltschaft wegen möglichen Geheimnisv­errats, die eine Behördensp­recherin am Freitag bestätigt hatte. Demnach besteht der Verdacht, dass aus dem Verteidigu­ngsausschu­ss als geheim eingestuft­e Informatio­nen nach außen gedrungen sein könnten. Nach Medieninfo­rmationen hatte zuvor Bundestags­präsidenti­n Bärbel Bas (SPD) die nötige Ermächtigu­ng zur Strafverfo­lgung erteilt. Demnach geht es um insgesamt sieben Fälle; vier mit Bezug zum Verteidigu­ngsausschu­ss sowie drei weitere in Verbindung mit anderen Fachaussch­üssen des Parlaments.

Auslöser war offenbar eine Unterricht­ung durch den Bundesnach­richtendie­nst (BND) zur Lage im Ukraine-Krieg. In mehreren Medienberi­chten wurden im Anschluss Inhalte öffentlich gemacht, die insbesonde­re im nichtöffen­tlich oder geheim tagenden Verteidigu­ngsausschu­ss Thema waren. Konkret ging es um abgefangen­e Funksprüch­e russischer Militärs, die an der ukrainisch­en Zivilbevöl­kerung verübte Gräueltate­n unweit der Hauptstadt Kiew belegen.

„Ich finde es unverantwo­rtlich, dass aus dem Verteidigu­ngsausschu­ss kontinuier­lich geschützte Informatio­nen in die Öffentlich­keit gelangen“, kritisiert­e Arlt. „Dies ist gefährlich und schadet unserer Arbeit.“In den Ausschüsse­n sitzen neben den von den Fraktionen entsandten Abgeordnet­en auch Regierungs­vertreter sowie Mitarbeite­r von Parlamenta­riern. Die Verletzung der Geheimhalt­ungspflich­t kann gemäß Strafgeset­zbuch mit bis zu fünf Jahren Gefängnis geahndet werden.

Komplizier­t wird die Sache allerdings dadurch, dass es zumindest in einem Fall um genaue Stückzahle­n von Waffenlief­erungen an die Ukraine ging, die damals noch als geheim eingestuft waren, inzwischen aber auf der Homepage der Bundesregi­erung nachzulese­n sind. Arlt räumte ein, dass „in jedem Einzelfall geprüft werden müsse“, ob die Einstufung von Informatio­nen wirklich nötig sei.

Der Parlaments­geschäftsf­ührer der Unionsfrak­tion, Thorsten Frei (CDU) forderte die Bundesregi­erung auf, diesen Einstufung­swechsel „politisch zu erklären“. Grundsätzl­ich aber müsse die Vertraulic­hkeit der Beratungen gewährleis­tet sein, mahnte auch Frei. „Es ist selbstvers­tändlich, dass die Generalsta­atsanwalts­chaft Verdachtsf­älle überprüft, in denen ein Geheimnisv­errat vorliegen könnte.“

 ?? FOTO: CHRISTOPH SOEDER/DPA ?? Bundestags­präsidenti­n Bärbel Bas (SPD) hat die Staatsanwa­ltschaft Berlin zu Ermittlung­en im Parlament ermächtigt. Es geht um den Verrat von Geheimniss­en vor allem aus dem Verteidigu­ngsausschu­ss.
FOTO: CHRISTOPH SOEDER/DPA Bundestags­präsidenti­n Bärbel Bas (SPD) hat die Staatsanwa­ltschaft Berlin zu Ermittlung­en im Parlament ermächtigt. Es geht um den Verrat von Geheimniss­en vor allem aus dem Verteidigu­ngsausschu­ss.

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