Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bei der Wärmepumpe ist Geduld gefragt

Kein Material, zu wenig Fachkräfte – Warum der Wechsel für Hauseigent­ümer schwierig ist

- Von Claudia Kling

BERLIN - Wenn es Wärmepumpe­nAktien an der Börse gäbe, wäre ihre Kursentwic­klung ein Traum für jeden Anleger: Wärmepumpe­n sind gefragt wie noch nie. Knapp 155 000 dieser Heizsystem­e wurden im vergangene­n Jahr in Deutschlan­d eingebaut, 2015 waren es noch 57 000. Die höheren Kosten für fossile Energien und staatliche Fördergeld­er beflügeln den Willen der Hauseigent­ümer zum Wechsel. Doch sie brauchen Geduld: Mehrere Monate können vergehen, bis die Hersteller das bestellte Produkt liefern. Der Materialma­ngel übertrifft sogar den Fachkräfte­mangel. „Derzeit könnte unser Handwerk jede Wärmepumpe einbauen, wenn sie denn verfügbar wäre“, teilt Frank Ebisch vom Zentralver­band Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) mit.

Die Situation im Handwerk und bei den Hersteller­n lassen die Ziele der Bundesregi­erung sehr ambitionie­rt erscheinen: Sechs Millionen Wärmepumpe­n sollen im Jahr 2030 im Einsatz sein, um den Klimaschut­z in Deutschlan­d voranzubri­ngen. Schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Ampel-Koalition entschiede­n, dass von 2025 an jede neue Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbar­en Energien betrieben werden muss. Im März wurde dieses Vorhaben auf 2024 vorgezogen. Allerdings fehlt bislang eine gesetzlich­e Grundlage dafür. Nach dem Sommer sei damit zu rechnen, heißt es auf Anfrage aus dem Wirtschaft­sministeri­um.

Gerade für die Eigentümer älterer Gebäude sind mit den Plänen der Bundesregi­erung viele Unsicherhe­iten – und hohe Investitio­nen verbunden. Eines der größten Probleme: Unter Experten ist umstritten, ob Wärmepumpe­n in nur mäßig gedämmten Altbauten mit alten Heizkörper­n effizient funktionie­ren. Ja, sagen Befürworte­r wie Alexandra Langenheld, Leiterin Effizienzp­olitik bei der Denkfabrik Agora Energiewen­de. Die Hälfte der Bestandsge­bäude eigne sich ohne Sanierungs­maßnahmen für den Einsatz von Wärmepumpe­n, bei weiteren 20 bis 30 Prozent seien „überschaub­are“Maßnahmen notwendig. „Häufig sind Heizungen in älteren Häusern ohnehin überdimens­ioniert, da zum Beispiel bereits die Fenster ausgetausc­ht wurden“, so Langenheld. In diesen Fällen sei der Aufwand nicht nötig, eine Fußbodenhe­izung anstelle der alten Heizkörper einzubauen.

Die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen, aber auch Bauexperte­n raten Hauseigent­ümern hingegen, genau zu prüfen, ob ihr Gebäude für einen Umstieg auf die Wärmepumpe geeignet ist. In zu schlecht gedämmten Gebäuden könne die Wärmepumpe ineffizien­t laufen, weil die notwendige­n Temperatur­en für den Heizungsbe­trieb kaum erreicht werden, heißt es. Den Verbrauche­r lassen diese abweichend­en Einschätzu­ngen eher ratlos zurück.

Doch zumindest das erscheint sicher: Sollte es der Bundesregi­erung nicht gelingen, die Eigentümer älterer Häuser zum Umstieg auf erneuerbar­e Energien beim Heizen zu bewegen, wird sie ihre Klima-schutzziel­e kaum erreichen. Der Gebäudesek­tor war laut Bundesregi­erung 2021 für rund 16 Prozent der Treibhausg­asemission­en in Deutschlan­d verantwort­lich. Etwa zwei Drittel der Wohngebäud­e hierzuland­e wurden vor 1970 gebaut. Das erklärt, warum die Wärmepumpe­n-Offensive sowohl im Wirtschaft­sministeri­um von Robert Habeck (Grüne) als auch im Bauministe­rium von Klara Geywitz (SPD) so hohe Priorität hat – und die Fördermitt­el beim Heizungsau­stausch recht großzügig fließen.

Vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (Bafa) werden 35 Prozent der Kosten für den Kauf und den Einbau einer Wärmepumpe gefördert. Wenn zuvor mit Öl geheizt wurde, sind es sogar 45 Prozent. „Der Wechsel zur Wärmepumpe muss für alle Einkommens­klassen bezahlbar sein“, fordert Alexandra Langenheld von der Agora Energiewen­de. Wem die Investitio­nskosten zu hoch seien, könne eine Wärmepumpe auch gegen eine monatliche Zahlung mieten, so die Energieexp­ertin.

Fakt ist aber auch: Selbst wenn die Hauseigent­ümer mitziehen, braucht es zusätzlich Zigtausend­e Facharbeit­er, die sich mit dem Einbau von Wärmepumpe­n auskennen. „Wir haben der Politik vorgerechn­et, dass uns bei der engen zeitlichen Taktung, bis 2030 sechs Millionen Wärmepumpe­n zu installier­en, 60 000 Monteure fehlen“, sagt ZVSHK-Verbandssp­recher Ebisch. Die Ausbildung geeigneter Handwerker ist deshalb auch zu einer politische­n Aufgabe geworden. Die Bundesregi­erung reagierte darauf mit der Ankündigun­g, die Betriebe dabei zu unterstütz­en, die „notwendige­n Kompetenze­n“zu erwerben. „Das heißt Schulungen fördern und gegebenenf­alls Verdiensta­usfälle kompensier­en“, teilt eine Sprecherin des Wirtschaft­sministeri­ums mit.

Beim sogenannte­n „Wärmepumpe­ngipfel“vor knapp zwei Wochen hat die Bundesregi­erung ausgelotet, wie Handwerksu­nternehmen, Gewerkscha­ften und Verbände zu ihrem Vorhaben stehen. Die gute Nachricht für Habeck und Geywitz: Alle Beteiligte­n einigten sich darauf, die Voraussetz­ungen zu schaffen, dass von 2024 an 500 000 Wärmepumpe­n pro Jahr eingebaut werden können. Allerdings warnen Handwerk und Heizungsun­ternehmen davor, in der Wärmepumpe das Allheilmit­tel zu sehen. Es brauche einen Mix verschiede­ner Lösungen, fordert ZVSHK-Sprecher Ebisch. Beispielsw­eise Heizungen auf der Basis von Biomasse oder Hybrid-Wärmepumpe­n, die in Kombinatio­n mit einer Gasheizung betrieben werden. Darüber dürfte es mit der Ampel-Koalition noch Diskussion­sbedarf geben.

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FOTO: SILAS STEIN/DPA Wärmepumpe im Keller eines Wohnhauses: Viele Hauseigent­ümer wollen sie einbauen – auch weil es dafür Fördergeld vom Staat gibt.

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