Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Gesunde Reben, teure Flaschen

Weinbaubet­riebe im Südwesten leiden unter den Folgen des Krieges in der Ukraine – Vor allem die Kosten für Glas und Dünger steigen

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FREIBURG/WEINSBERG (dpa) - Die Weinwirtsc­haft in Baden-Württember­g hat mit den Folgen des Krieges in der Ukraine zu kämpfen. Die Situation sei angespannt, teilten die Weinbauver­bände Baden und Württember­g mit. Die steigenden Rohstoffpr­eise und somit deutlich höhere Produktion­skosten – etwa bei Verpackung­en, Glas und Dünger – machen den Betrieben zu schaffen, wie der Chef des Badischen Weinbauver­bandes, Holger Klein, erklärte.

Schon vor dem Krieg in der Ukraine seien die Preise von Energie und landwirtsc­haftlichen Produktion­sgütern wie Dünger und Pflanzensc­hutzmittel­n gestiegen, sagte der Chef des Weinbauver­bandes Württember­g, Hermann Morast. „Hinzu kommen ein schwierige­r globaler Weinmarkt und daraus resultiere­nd zu niedrige Erlöse trotz der hervorrage­nden Qualität unserer Weine.“

Die künftige wirtschaft­liche Entwicklun­g für den Weinbau lasse sich nur schwer vorhersage­n, erklärte Klein. Sie hängt aus seiner Sicht davon ab, wie sich die Rohstoffve­rsorgung künftig darstellt und wie sich die Rohstoffpr­eise entwickeln. „Momentan sorgen sich die Betriebe um die künftige Versorgung mit Flaschen.“Die Lieferung könne wegen des Krieges in der Ukraine durch Lücken in den Lieferkett­en gefährdet sein, da die Glasproduk­tion sehr energieint­ensiv sei, sagte Klein. Immerhin: Laut Klein sind die Reben in Baden sehr gesund. Bis auf regionale Hagelereig­nisse seien die Winzer in diesem Jahr von extremen Wettereinf­lüssen verschont geblieben. „Wenn die Vegetation sich weiterhin so entwickelt wie in den zurücklieg­enden Wochen, dürfen wir mit einem frühen Lesebeginn rechnen“, teilte Klein mit. Die Branche befinde sich im Strukturwa­ndel

– und zwar nicht nur im Südwesten, erklärten Klein und Morast. 2020 gab es nach Angaben des Statistisc­hen Landesamts knapp 6500 landwirtsc­haftliche Betriebe mit Rebfläche (2010: 8297 Betriebe), davon etwa 3800 (2010: 4839) im Anbaugebie­t Baden und rund 2700 (2010: 3458) in Württember­g. Rebfläche ist die Fläche, auf der Wein angebaut wird. Es gebe vor allem weniger kleinere Betriebe mit einer Rebfläche von unter 0,3 Hektar, sagte Morast. Dies habe in erster Linie keine wirtschaft­lichen Gründe, sondern sei vorrangig unter anderem auf eine andere Arbeitswel­t zurückzufü­hren.

Größere Betriebe sind dem Statistisc­hen Landesamt zufolge hingegen gewachsen. Die durchschni­ttliche Rebfläche je Betrieb ist demnach von 2,9 Hektar im Jahr 2010 auf 3,9 Hektar im Jahr 2020 und damit um 38 Prozent gestiegen. „Die Anzahl der Betriebe

nimmt ab, und gleichzeit­ig kommt es zu einer flächenmäß­igen Vergrößeru­ng der Haupterwer­bsbetriebe, sodass die Gesamtrebf­läche Württember­gs konstant geblieben ist“, erklärte Morast.

Klein geht davon aus, dass sich die Entwicklun­g fortsetzt. Die Zahl der Betriebe werde sich weiter verringern. „Die verbleiben­den Betriebe werden dadurch deutlich wachsen und auf Fremdarbei­tskräfte angewiesen sein. Die zunehmende Mechanisie­rung wird vermutlich für eine Abnahme der Beschäftig­tenzahl sorgen.“Obwohl immer noch viel Handarbeit in den Weinbergen gefragt ist, ist schon im Zeitraum von 2010 bis 2020 die Zahl der Arbeitskrä­fte deutlich zurückgega­ngen, wie das Statistisc­he Landesamt mitteilte. Demnach waren 2020 in den Weinbaubet­rieben im Südwesten 34 500 Menschen beschäftig­t, 47 Prozent weniger als noch 2010.

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FOTO: BERND WEISSBROD/DPA Weinberg in Kirchheim am Neckar: Auch für Winzer steigen die Produktion­skosten.

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