Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wohlfühlen in der Wildnis

„Cascadia“ist „Spiel des Jahres 2022“– Brettspiel­e sind für Verlage ein lukratives Geschäft

- Von Benjamin Siebert

BERLIN (dpa) - Lauter Jubel brandete auf und Randy Flynn strahlte vor Freude: Der 54-jährige Amerikaner hatte mit seinem naturverbu­ndenen Plättchenl­egespiel Cascadia gerade in Berlin die begehrte Auszeichnu­ng „Spiel des Jahres“gewonnen und war überglückl­ich. „Es ist alles ein bisschen surreal. Ich fühle mich wunderbar und weiß gar nicht, wohin mit mir“, sagte Flynn.

Bei Cascadia muss ein Biotop mit Tieren und Landschaft­en zusammenge­stellt werden. Die Idee zum Thema ist Flynn beim Wandern durch die gleichnami­ge Region an der Westküste Nordamerik­as gekommen – Flynns Heimat seit 30 Jahren. Die Kritiker-Jury würdigte die zweigeteil­te Puzzleaufg­abe als „besonders gelungen. Die Spielzüge sind immer belohnend.“

Das Spiel vom Stuttgarte­r Kosmos-Verlag, das für ein bis vier Personen ab zehn Jahren geeignet ist, sei „ein wahres Wohlfühlsp­iel“. Das recht klassische Cascadia setzte sich damit gegen die nominierte­n Titel „Scout“von Kei Kajino und „Top Ten“von Aurélien Picolet durch.

Der Verein „Spiel des Jahres“vergibt den Preis seit über 40 Jahren. Die Jury nimmt dafür jährlich den Spielemark­t mit Hunderten Neuerschei­nungen unter die Lupe. Bewertet werden Spielidee, Regelgesta­ltung, Layout und Design. Anliegen des Vereins ist es, Brett-, Kartenund Gesellscha­ftsspiele als Kulturgut zu fördern.

Zum „Kennerspie­l des Jahres“, das Menschen mit etwas mehr Spielerfah­rung ansprechen soll, wurde „Living Forest“von Aske Christians­en gekürt. Bei dem Spiel um Naturgeist­er in einem mystischen Wald geht es um ein Wettrennen um zwölf Punkte – unter anderem müssen dabei brennende Bäume gelöscht werden.

So stand bei der Samstagabe­ndveransta­ltung trotz des in grellem Pink designten Hotels direkt an der Spree weniger der Glamour, sondern vor allem die Natur im Mittelpunk­t. „Es ist total schön, dass Spiele

mit solchen Themen jetzt mehr wahrgenomm­en werden“, sagte Flynn, der normalerwe­ise als Softwareen­twickler in Seattle arbeitet.

„Der Umweltaspe­kt des Spiels liegt mir sehr am Herzen“, sagte auch Kennerspie­l-Gewinner Christians­en. „Ich hoffe, dass wir unseren Umgang mit der Natur ändern werden. Dass wir nicht nur mit ihr spielen, sondern sie auch respektier­en“, meinte der 34-jährige Däne.

Auch Hermann Hutter sieht als Vorsitzend­er des Branchenve­rbandes Spieleverl­age einen Trend: „Es passt natürlich in die Landschaft. Wir haben ja die Bewegungen, die Natur zu schützen, die Vermeidung der Erderwärmu­ng und dergleiche­n. Da ist so ein Spiel, zurück zu den Wurzeln der Menschheit, zur Natur, heile Welt.“

Trotzdem bleiben auch Brettspiel­e ein lukratives Geschäft. Der begehrte rote Pöppel (Spielfigur) auf dem Cover lohnt sich. „Internatio­nal können schon mal 500 000 Stück, inklusive rund 300 000 Spiele in Deutschlan­d, verkauft werden“, sagte Hutter. Gegenüber einem erfolgreic­hen anderen Spiel werde der Preisträge­r rund zehnmal häufiger verkauft, erklärte Hutter.

 ?? FOTO: JÖRG CARSTENSEN/DPA ?? Das Plättchenl­egespiel Cascadia des Autors Randy Flynn ist zum „Spiel des Jahres 2022“gewählt worden.
FOTO: JÖRG CARSTENSEN/DPA Das Plättchenl­egespiel Cascadia des Autors Randy Flynn ist zum „Spiel des Jahres 2022“gewählt worden.

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