Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Die Ministerin bemüht sich
In diesem Jahr werden nach Expertenschätzungen weniger als 300 000 Wohnungen gebaut, in den nächsten Jahren schlagen Faktoren wie hohe Baukosten, steigende Kreditzinsen und Fachkräftemangel erst recht auf den Wohnungsbau durch. Von den 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr, die im Koalitionsvertrag stehen, wird sich die AmpelRegierung also absehbar weiter entfernen. Doch Bauministerin Klara Geywitz tut so, als habe sie Wachs in den Ohren, wenn sich Verbände entsprechend äußern. Dabei müsste sie wissen, dass die Glaubwürdigkeit von Politikern leidet, wenn das, was sie sagen, realitätsfremd ist.
Die Ministerin könnte zu einer traurigen Figur in der Kabinettsriege werden. Denn sie müht sich ja tatsächlich, das Bauwesen in Deutschland voranzubringen, ohne dabei den Klimaschutz zu vernachlässigen. Deshalb holt sie sich, wie im Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, allerlei Interessenvertreter an den Tisch. Deshalb nimmt die Bundesregierung rund 14,5 Milliarden Euro in die Hand, um den öffentlich geförderten Wohnungsbau wieder in Schwung zu bringen. Doch viele dieser Anstrengungen könnten ins Leere laufen. Das hat einerseits mit den widrigen Rahmenbedingungen im Bau infolge der Kriegs- und Krisenzeiten zu tun. Das liegt andererseits aber auch an der Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Geywitz kann beispielsweise nur dafür werben, Baugenehmigungen in Deutschland zu vereinfachen. Wenn Länder und Kommunen nicht mitziehen, bleibt es bei bloßen Appellen und punktuellen Verbesserungen. Ungelöst ist auch die Aufgabe, die hohen Ansprüche an die Energieeffizienz neuer Bauten mit dem Ziel bezahlbaren Wohnraums in Einklang zu bringen – zumal die Förderungen weitgehend gekappt werden.
Die Bauministerin muss sich darauf einstellen, dass die Früchte ihrer Arbeit womöglich erst ihre Nachfolger ernten werden. Denn der Tanker Deutschland bewegt sich inzwischen selbst dann nur schwerfällig, wenn die Probleme enorm und drückend sind. Die Wohnungsbaumisere ist dafür nur ein Beispiel.
c.kling@schwaebische.de