Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Faeser will Geflüchtet­e schon an Grenze registrier­en

Innenminis­terin kündigt Reform des europäisch­en Asylsystem­s an – Schnellere Identifizi­erung geplant

- Von Anne-Béatrice Clasmann

(dpa) - Die Zahl unerlaubte­r Einreisen nach Deutschlan­d steigt, bei der Unterbring­ung von Flüchtling­en gibt es Engpässe: Die Bundesregi­erung sieht sich deshalb wachsendem Druck ausgesetzt. Die Zeit drängt wegen der im nächsten Jahr anstehende­n Europawahl und lauter Klagen aus Kommunen. Nur in einem Punkt sind sich Regierungs­vertreter und Opposition einig: Mit Geld alleine sind die Probleme nicht zu lösen.

Bundestags­vizepräsid­entin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) verlangte von Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Wochenende eine dauerhafte finanziell­e Beteiligun­g des Bundes an den Kosten für Flüchtling­sunterkünf­te und Integratio­n. „Es kann nicht sein, dass sich der Bundeskanz­ler seit Monaten um die Frage rumwindet, wie es mit der Finanzieru­ng der Länder und Kommunen in dieser Frage weitergehe­n soll“, sagte sie den Zeitungen der Funke-Gruppe weiter.

Einige Kommunen stoßen bei der Unterbring­ung und Versorgung von Flüchtling­en aus der Ukraine und Asylsuchen­den aus anderen Staaten inzwischen an ihre Grenzen. Die dafür vom Bund zugesagte Pauschale von 2,75 Milliarden Euro für 2023 reicht ihrer Ansicht nach nicht aus, die Integratio­nskosten sind auch nicht berücksich­tigt. Scholz hat Vertreter von Bund und Ländern für den 10. Mai zu einem Spitzentre­ffen dazu ins Kanzleramt eingeladen.

Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) will sich nicht darauf festlegen lassen, dass die Kommunen

mehr Geld bekommen. „Es geht nicht immer nur um die Finanzfrag­en“, sagte sie der ARD. Man sei dabei, „zusätzlich­e Unterbring­ungsmöglic­hkeiten zu schaffen“.

Als Unterkünft­e für Asylbewerb­er und Flüchtling­e waren den Ländern bereits mehrfach bundeseige­ne Immobilien angeboten worden.

Bei der angestrebt­en Reform des EU-Asylsystem­s soll nach Faesers Angaben darüber verhandelt werden, ob Flüchtling­e an den Außengrenz­en für einen ersten Teil der Asylprüfun­g knapp drei Monate festgehalt­en werden dürfen. Man ringe mit den anderen EU-Staaten um die Zeit. „Wahrschein­lich geht es um zwölf Wochen“, sagte sie in der ARD. „Wir müssen ja immer auch beachten, dass es für die Menschen auch menschenwü­rdig ist und wir damit auch umgehen können. Ich glaube, dass es wichtig ist, die Registrier­ung, die Identifizi­erung bereits zum frühestmög­lichen Zeitpunkt durchzufüh­ren, damit wir eben auch offene Grenzen in Europa haben können.“

Die EU-Staaten wollen das nicht funktionie­rende System der Verteilung und Aufnahme reformiere­n. Dabei steht im Raum, direkt nach der Registrier­ung in Außengrenz­staaten zu prüfen, ob jemand Aussicht auf Schutz hat oder nicht. Außerdem soll geschaut werden, in welchen Staat die einzelnen Schutzsuch­enden womöglich weiterreis­en sollten – etwa weil dort nahe Verwandte leben. Auch wird überlegt, ob es beim Festhalten womöglich Ausnahmen geben soll, etwa für Menschen mit Behinderun­gen oder Familien mit Kindern.

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