Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Digitale Stromzähler für alle Haushalte beschlossen
Über die Geräte kann Energie bei einem Engpass rationiert werden – Was das für Wärmepumpe und Elektroauto bedeutet
- Jetzt steht es fest: Künftig sollen in deutschen Haushalten sogenannte intelligente Strommessgeräte eingebaut werden. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde am Donnerstag vom Bundestag beschlossen. Demnach soll bis 2030 jeder Haushalt einen intelligenten Strommesser haben. Die auch als Smart Meter bezeichneten Geräte sind vernetzte Messgeräte für Wärme oder Strom, die den Verbrauch automatisch an die Anbieter übertragen. Die Systeme sollen nach Regierungsangaben dabei „helfen, Energie effizient und kostengünstig zu nutzen sowie das Stromnetz zu entlasten“.
Die Grünenabgeordnete Ingrid Nestle freute sich: „Heute wird der Smart-Meter-Rollout gestartet.“Viele Regierungen der Vergangenheit hätten das versucht, es sei ihnen aber nicht gelungen. Dafür stimmten SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, dagegen stimmten AfD und die Linken.
Der SPD-Politiker Robin Mesarosch (SPD) sagte am Donnerstag, dass sich etwa die Zahl der Elektroautos in Deutschland künftig vervielfachen werde. Wenn die alle gleichzeitig mit Strom betankt würden, bräuchte das „Milliarden Kilowattstunden“. Ein intelligentes Stromnetz werde es möglich machen, das zu entzerren und die Batterien dann aufzuladen, wenn viel, also günstiger Strom im Netz sei. Mesarosch sagte auch, „die Regierung entscheidet nicht, wer sein Auto auf laden darf“. Er wisse, es „gibt die Angst, mein Auto ist nicht geladen, wenn ich es brauche. Das wird aber nicht passieren“. Als Begründung gab er an, dass ein Auto im Schnitt ohnehin nur rund 70 Minuten am Tag bewegt und fast 23 Stunden stehen würde. Zudem dürfe man „immer laden, wenn man es möchte, ganz klar“.
Bei der Bundesnetzagentur klingt das anders. Deren Präsident Klaus Müller hatte kürzlich vor „Überlastungsproblemen und lokalen Stromausfällen im Verteilnetz“gewarnt, wenn „weiter sehr viele neue Wärmepumpen und Ladestationen installiert werden“.
In einem Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur heißt es dazu: „So erhält der Verteilernetzbetreiber die Möglichkeit, im Bedarfsfall steuernd einzugreifen, um den sicheren Netzbetrieb aufrechterhalten zu können.“
Der Steuerungsmechanismus erlaube zwar keine „vollständige Abschaltung einzelner Verbrauchseinrichtungen“, eine „temporäre Reduzierung des Strombezugs aus dem Netz“hingegen schon. Die Pläne zur Stromrationierung sollen zum 1. Januar 2024 in Kraft treten.
Was das konkret bedeuten kann, erklärt der Experte Manuel Lösch in einem Faktencheck des öffentlich-rechtlichen Bayerischen Rundfunks. Lösch sagt hier: „Die berühmte Zahnarzt-Allee wird oft als Beispiel gebracht, wo alle einen Tesla haben. Und wenn die abends nach Hause kommen um 18:00 Uhr und einstecken, dann muss eben der
Netzbetreiber darauf aufpassen, dass nicht alle gleichzeitig laden.“Henning Herbst vom Verbraucherzentrale Bundesverband sagte dem Bayerischen Rundfunk dazu: „Wenn zum Beispiel jeder Haushalt in einem Straßenzug eine Wallbox und eine Wärmepumpe besitzt und diese
zu bestimmten Zeitpunkten gleichzeitig betrieben werden, in denen dann mutmaßlich auch noch relativ wenig Strom zur Verfügung steht, dann kann es eben sein, das Netzüberlastungen drohen“. In diesen Fällen würde der Netzbetreiber über die Smart Meter „per Fernsteuerung die Leistung
der Geräte vermindern, um Stromabschaltungen zu verhindern“. Es gebe hierfür „kaum Alternativen“.
Herbst: „Gewisse Eingriffsrechte im absoluten Notfall sind einfach notwendig, um in Zukunft unser Energiesystem, die Stromverteilnetze, betreiben zu können.“Die Bundesregierung teilte in diesem Zusammenhang mit, dass „aufwendige Funktionen, zum Beispiel Steuern und Schalten“, nach einer „Warmlaufphase über Anwendungs-Updates auf den Smart-Meter-Gateways im Zusammenspiel mit den Backend-Systemen nach und nach freigeschaltet beziehungsweise bereitgestellt werden“.
Eine weiterer wichtiger Punkt ist die Änderung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Offiziell zuständig für die „Digitalisierung im Bereich der Energiewende“ist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Die Behörde ist dem Innenministerium und damit der SPD unterstellt.
+Somit habe das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bislang „keine Steuerungsmöglichkeiten“gehabt, „um ein einheitliches, effizientes und an der Energiewende ausgerichtetes Projektmanagement beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sicherzustellen“.
Das jetzt beschlossene Gesetz stelle nun klar, dass „das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik seinen gesetzlichen Auftrag nach dem Messstellenbetriebsgesetz künftig ‚im Auftrag’ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz wahrnimmt“. Das bedeutet, dass künftig das von Robert Habeck geführte Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz dem BSI „die inhaltliche, zeitliche und prozessuale Umsetzung vorgibt“.