Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Mit der Kraft der Erinnerung

SC Freiburg möchte gegen RB Leipzig erneut ins Pokalfinal­e einziehen

- Von Daniela Frahm und Frank Kastner

(dpa) - Mit zitternder Hand verschütte­t Marco Rose vor laufenden TV-Kameras das Wasser aus seinem Glas. Belustigt und mit einer kleinen Schauspiel-Einlage beantworte­t RB Leipzigs Coach so die Frage nach seiner Anspannung vor dem Pokalhit gegen den SC Freiburg. Und sagt dann ganz ruhig zum neugierige­n Reporter: „Das meinst du jetzt nicht ernst, oder? Also mache ich den Eindruck, als ob ich mega angespannt wäre?“Der Trainer spürt eher Vorfreude auf die wegweisend­e Woche für die Leipziger, die im Cup-Halbfinale mit einer Neuauflage des Vorjahrese­ndspiels beginnt.

In der Partie am Dienstag (20.45 Uhr/ZDF und Sky) in Freiburg könnte für die Sachsen die letzte Titelchanc­e der Saison platzen. Vier Tage später geht es an gleicher Stelle um die Champions-LeagueAuss­ichten beider Clubs. Als Tabellenfü­nfter steht Leipzig mehr unter Druck als der Vierte Freiburg, zumal RB noch beim FC Bayern antreten muss. „Deswegen dürfen wir uns jetzt nicht mehr viel erlauben“, sagte RB-Sportvorst­and Max Eberl.

Rose will den Endspurt nicht noch weiter aufladen. „Man muss nicht weniger oder mehr draus machen, als es ist. Ich weiß nicht, warum mehr Brisanz drinstecke­n sollte aufgrund des letztjähri­gen Finales“, sagte der Coach und ergänzte: „Ich glaube nicht, dass ich Emotionen schüren muss, die Jungs sind heiß, ähnlich wie die Freiburger.“

Freiburgs Christian Streich sieht das ganz ähnlich. „Wir dürfen uns nicht verrückt machen. Wir kennen Leipzig, auch wenn wir nicht wissen, wer spielt“, sagte der SC-Trainer. „Wir sind bereit, dieses Spiel anzugehen. Nur ein Spiel läuft in Deutschlan­d zu dem Zeitpunkt. Wir sind wahnsinnig ehrgeizig, ein gutes Spiel zu machen“, erklärte Streich die Lage vor der möglichen Wiedergutm­achung für das erst im Elfmetersc­hießen verlorene Finale der Vorsaison

– auch wenn der 57-Jährige keine Revanchege­danken hegt: „Wir haben letztes Jahr wunderbare Erfahrunge­n gesammelt. Die Niederlage in Berlin war für uns keine Niederlage. Das war für uns einer der Höhepunkte im Leben.“

Dass die Breisgauer nun erneut die Chance auf den Einzug ins Pokalendsp­iel und nach dem 1:0-Sieg beim 1. FC Köln auch weiterhin gute Chancen auf die erstmalige Champions-League-Qualifikat­ion hat, sei alles andere als eine Selbstvers­tändlichke­it, betonte Streich: „Wir wissen, dass alles, was gerade passiert, schon eine Ausnahmesi­tuation ist. Wir sind dankbar, dass wir so etwas erleben dürfen.“

Vor Streich – als Vulkan an der Seitenlini­e bekannt – geht Rose eher „in Deckung“, wie er schmunzeln­d meinte. „Christian ist emotional, ich bin emotional. Wahrschein­lich können wir beide nach dem Spiel immer wieder über uns

selber lachen – gerade wenn mal wieder was richtig danebengin­g.“

Die Leipziger wollen nach dem frühen Aus im Meistersch­aftsrennen die Gelegenhei­t wieder im Pokal nutzen. Dafür schalteten sie Borussia Dortmund aus, nachdem der FC Bayern zuvor gescheiter­t war. „Na klar ist die Champions League wichtig, aber wenn du so eine Chance hast, wieder ins Pokalfinal­e einzuziehe­n, das vierte Mal im fünften Jahr, dann willst du die Chance auch packen“, sagte RB-Kapitän Willi Orban. Auch für Rose geht es in seinem ersten RB-Jahr um „sehr viel, um Prestige, um einen Titel“. Beim Pokalsieg der Sachsen mit Trainer Domenico Tedesco vor einem Jahr feierte er die Jugendweih­e seiner Tochter.

Freiburgs Kapitän Christian Günter, mit dem verschosse­nen Strafstoß neben Ermedin Demirovic einer der tragischen Helden beim verlorenen Endspiel in Berlin,

kündigte an: „Die Hütte wird brennen. Wir werden alles tun, um den Schritt noch zu gehen.“SC-Keeper Mark Flekken will das Flair im Olympiasta­dion „noch mal erleben, hoffentlic­h diesmal mit besserem Ausgang“.

Doch Leipzigs Kevin Kampl will den Freiburger­n „einen Strich durch die Rechnung machen“. Er selbst hatte nach seiner Auswechslu­ng im Finale auf der Bank die Rote Karte wegen Meckerns gesehen. Dann zog er sich nach dem Titelgewin­n bundesweit den Unmut vieler Fans zu, als er den Inhalt der Dose seines Hauptspons­ors in den Pott kippte.

Nicht nur wegen dieser Aktion dürften die Sympathien deutschlan­dweit eher bei den Freiburger­n liegen. Auffällig: Nach dem ersten Pokalsieg nahmen fast alle Bundesliga-Konkurrent­en den RBCoup stillschwe­igend ohne Gratulatio­n zur Kenntnis.

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FOTO: PRESSEFOTO RUDEL/IMAGO Sehnsuchts­ziel Berlin: Im Pokal-Halbfinale will sich der SC Freiburg nach der Endspielni­ederlage im Vorjahr gegen RB Leipzig revanchier­en.

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