Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Erleichtert und selbstkritisch
DHB-Team trotz Spanien-Sieg weiter EM-„Underdog“
(SID) - Torwart-Gigant Andreas Wolff signierte ein Trikot nach dem anderen, als die Fans in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle nach den jüngsten Pleiten das ersehnte Ausrufezeichen vor der Heim-EM feierten. Auch Bundestrainer Alfred Gislason schien 254 Tage vor Beginn der Handball-Europameisterschaft im eigenen Land mächtig erleichtert, obwohl es zum Ende noch einmal richtig eng geworden war.
„Letztendlich war dieser Erfolg gegen Spanien schon sehr wichtig für den Kopf “, sagte Gislason nach dem 32:31 (20:11) gegen den WM-Dritten in Berlin. Ein Fingerzeig für die EM, bei der Deutschland für zwei Gruppenspiele in die Hauptstadt zurückkehren wird? „Mit solchen Hallen im Rücken macht es natürlich extrem viel Spaß, und das pusht uns. Vielleicht ist dann was möglich. Aber ich sehe uns als Underdog“, sagte der mit 13 Toren überragende Juri Knorr. Vor allem, da das Team bereits dann mächtig gefordert sein wird. So geht es in der Vorrunde entweder gegen Olympiasieger Frankreich oder den dreimaligen Europameister Spanien. Das steht nach Abschluss der Qualifikation fest, auch wenn die Gruppen erst am 10. Mai in Düsseldorf ausgelost werden.
Umso besser also, dass nach den aktuellen Spielen unter dem Strich dennoch die Erkenntnis stand, dass die zuletzt strauchelnde Nationalmannschaft die ganz Großen immer noch schlagen kann. Und das mit teils begeisterndem Power-Handball. „Wir haben heute gesehen, dass wir durchaus in der Lage sind, mit den Top 4 mitzuhalten, wenn wir uns am Riemen reißen“, lobte Wolff. Eine weitere Niederlage, es wäre die sechste im sechsten und letzten Spiel des EHF Euro Cup gewesen, wäre für die Stimmung fatal gewesen. Schließlich stehen die nächsten Länderspiele erst im November an. „Der bisherige Euro Cup lief ziemlich ernüchternd“, so Knorr: „Deswegen ist es natürlich wichtig, dass wir mal einen Großen schlagen konnten.“
Erst am Donnerstag hatte die Auswahl des DHB klar bei Europameister Schweden (23:32) verloren, nachdem sie nach dem guten fünften Platz bei der EM gegen Weltmeister Dänemark im März zweimal ihre Grenzen aufgezeigt bekommen hatte (23:30 und 21:28). Diese Negativserie endete am Sonntag, doch insgesamt sei bei diesem Vorbereitungsturnier aufgefallen, so Gislason, „dass wir in der Breite ziemlich weit weg von der Weltspitze sind“.
Von den sechs Partien gegen die Weltelite, so der Isländer, habe sein Team nur zweimal gut gespielt – in Spanien bei der 31:32Niederlage vergangenen Herbst und eben am Sonntag. Ein Problem für die EM? Dort warten auf dem Weg zur Goldmedaille wieder ebenjene Nationen. „Wir können mit diesen Mannschaften sehr gut mithalten, aber dafür brauchen wir unseren kompletten Kader“, sagte Gislason.
„Es ist nicht alles perfekt“, so Kapitän Johannes Golla, „aber sicherlich ist es gut, dass wir auch in diesem Wettbewerb mal gewinnen konnten.“