Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Katzenjamm­er bei den Grünen nach Bremen

Schuldzuwe­isungen nach der Wahlnieder­lage – CDU-Chef Merz spricht vom „Habeck-Effekt“

- Von Martina Herzog und Friedemann Kohler

(dpa) - Die Strategie der Grünen im Bund am Tag nach dem Bremen-Desaster ist sonnenklar: Schadensbe­grenzung, die Wahlschlap­pe als Problem der Bremer Grünen beschreibe­n. „Maßgeblich sind es Bremer Gründe, die dazu geführt haben, dass wir enttäuscht sind“, sagt Parteichef Omid Nouripour am Montag in Berlin. Auch wenn der berühmte politische „Rückenwind“von der Bundeseben­e ausgeblieb­en sei, wie er gesteht. Es sei ja auch in Schleswig-Holstein gewählt worden, und dort seien die Ergebnisse für die Grünen, die sich auf 17,7 Prozent verbessern konnten, „mehr als passabel“gewesen. Im Gegensatz zu den nach der jüngsten Hochrechnu­ng nur 12,0 Prozent im Land Bremen.

Zum Beleg verweist Nouripour auf eine Umfrage, wonach für 78 Prozent der Wähler die Politik im Land ausschlagg­ebend war, nur für 19 Prozent war es der Bund.

Die Analyse der gescheiter­ten Bremer Grünen-Spitzenkan­didatin Maike Schaefer fällt merklich anders aus als Nouripours. Zwar kündigt die 51-jährige Biologin am Montag ihren Rückzug an, Einsicht in eigene Fehler gibt es aber nicht, stattdesse­n eher Kritik Richtung Berlin. „Es ist auch eindeutig so, dass es keinen Rückenwind, sondern eher starken Gegenwind auf Bundeseben­e für die Grünen gab. Ich will nur das Thema Wärmepumpe einmal erwähnen“, sagt die Umweltsena­torin.

Hinzu kommt: Wenn es nicht gut läuft, verfallen Grüne leicht in einen beleidigte­n Ton. So war es im Bundestags­wahlkampf, als Berichte über ein scheinbar in vielen Passagen von anderen Autoren übernommen­es Buch von Spitzenkan­didatin Annalena Baerbock mit einem „Rufmord“Vorwurf gekontert wurden. So ist es wieder im Sturm um den Heizungsta­usch. Die Grünen trifft neben berechtigt­er auch überzogene

Kritik. Aber wer sich angreifbar macht, sollte auch damit rechnen, dass der politische Gegner die offene Flanke nutzt. Nach einer Umfrage des Markt- und Meinungsfo­rschungsin­stituts Ipsos ist mehr als die Hälfte der Bürger sehr unzufriede­n mit Habecks Arbeit.

Doch die Bremer Grünen haben auch eigene Fehler gemacht — genug jedenfalls, um in Bremen mit seinem starken linksalter­nativen Milieu abzustürze­n. An der inzwischen zu bundesweit­er Prominenz gelangten „Brötchenta­ste“lag es eher nicht. Die Abschaffun­g des kostenlose­n Kurzzeitpa­rkens verärgerte Autofahrer in Bremen und mag die Grünen ein paar Stimmen gekostet haben. Doch es ist eigentlich kein Thema, das Grünen-Wählerinne­n und -Wähler ihrer Partei abtrünnig werden lässt.

Die grüne Politik sei oft nicht gut genug erklärt worden, gesteht Landeschef Florian Pfeffer ein. „Wir schaffen es nicht zu erklären, wie Menschen das in ihrem Alltag tun können. Und diese Verunsiche­rung führt dann dazu, dass Leute im Wahllokal auch sagen: Weiß ich jetzt nicht genau, mach ich mein Kreuz vielleicht woanders.“Die Co-Chefin der Grünen im Bund, Ricarda Lang, betont, man werde an Kernprojek­ten wie der Klimaneutr­alität festhalten. Die Partei müsse aber besser darin werden, diese Themen mit dem „materielle­n Kern der sozialen Sicherheit zu verbinden“, sagt sie.

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FOTO: DPA Enttäuscht: Grünen-Chef Omid Nouripour am Montag in Berlin.

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