Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Erst die Pflicht, dann die Kür
Zu den Ergebnissen der Iglu-Studie und den Schwächen der Viertklässler beim Lesen (SZ vom 17. Mai):
Im Sport spricht man von der Pflicht und der Kür. Die Pflicht sind die elementaren und wichtigen Übungen, die Kür die zusätzlichen Übungen.
In der Schule gibt es das auch. Pf licht sind solche grundlegenden Fähigkeiten wie Schreiben, Lesen und Mathe. Die Kür sind die restlichen Fächer und solche Fähigkeiten, die gerne mit Soft Skills beschrieben werden. So lange man die Pf licht nicht beherrscht, darf man sich nicht an der Kür versuchen. Das kann nur scheitern.
Damit Schule funktionieren kann, muss offensichtlich der Fokus auf die Pf licht gelegt werden. Dann muss man sich auch die Frage stellen, wie sinnvoll Schulmodelle sind, die Schüler mit unterschiedlichen Leistungsniveaus mischen. Das kann nur zu Überund Unterforderung des einzelnen Schülers und damit zu einem geringeren Lernerfolg führen. Holger Maier, Aulendorf
Zum Interview: „Es werden oft Scheinlösungen diskutiert“mit dem Wirtschaftsforscher Oliver Holtemöller (SZ vom 17. Mai):
Seit vielen Jahren verfolge ich die Rentendebatten in Politik und Medien, um wie Herr Holtemöller festzustellen, dass lediglich Scheinlösungen diskutiert werden. Kreative Lösungen bleiben seit Jahrzehnten aus. Adenauer hat seinerzeit, als er 1957 das Umlagesystem einführte, weder mit einem Geburtenschwund gerechnet noch mit einer längeren Lebenszeit der Menschen. Darum geriet unser Rentensystem nach und nach aus den Fugen. An der höheren Lebenserwartung kann man nichts ändern, am Geburtenschwund wohl.
Man müsste das Übel an der Wurzel anpacken, wie es andere europäische Länder seit einigen Jahren erfolgreich praktizieren, und den Paaren Mut machen zu einer Familie mit mehreren Kindern. In Deutschland allerdings sind mehrere Kinder ein Armutsrisiko für die Familie, wie der Deutsche Familienverband in seinem „Horizontalen Vergleich“deutlich nachweist. Hierzulande werden kinderreiche Familien bereits ab dem dritten Kind als Abzocker beschimpft und auch so behandelt. In südlichen Ländern zog man einst den Hut vor einer großen Familie. Mut zu Kindern erfordert eine familiengerechte Ausstattung, wie sie z. B. Ungarn praktiziert. Dort werden Eltern umso mehr gefördert, je mehr Kinder sie als künftige Beitragszahler großziehen. Unsere Politiker könnten ja mal über den deutschen Tellerrand hinaus blicken. Rentenkonzepte
hin oder her – das kleine 1x1 der Altersvorsorge heißt: Je mehr Kinder nachwachsen, umso mehr Fachkräfte und umso stabiler und höher die Renten.
Bärbel Fischer, Leutkirch
Zur Berichterstattung und dem Leitartikel zum geplanten Bürgerrat (SZ vom 10. Mai):
In einer repräsentativen Demokratie bilden die gewählten Abgeordneten die Schnittstelle zwischen dem Anliegen der Bürger und der Regierung. Die teuer zu bezahlende Einsetzung von Bürgerräten zeigt einmal mehr die Realitätsferne vieler Politiker. Abgeordnete sollten sich ideologiefrei und unabhängig von Netzwerken und Quoten stattdessen mit Kompetenz an ihre Programme vor der Wahl erinnern. Offene
Diskussionen der Abgeordneten mit den Bürgern zu einem Thema etwa vierteljährlich im jeweiligen Wahlkreis könnten Bürgerräte voll ersetzen und wären mit Sicherheit näher an den Sorgen, die die Bürger umtreiben. Ausgerechnet das erste Thema, das der Bürgerrat in Angriff nehmen will, ist das Thema Ernährung, das mit dem Grundrecht der persönlichen Entscheidungsfreiheit verbunden ist und somit keiner staatlichen Vorgaben bedarf. Drängendere Probleme sind für die Mehrheit der Bürger Klimakrise, Bildungsnotstand und Fachkräftemangel und die mit dem russisch-ukrainischen Krieg und Migration verbundenen Probleme, die Entscheidungsträger mit Energie und Sachkompetenz angehen sollten.
Die wachsende Zustimmung zur AfD ist bei der Realitätsferne der Politiker leicht zu erklären. Dem zu beobachtenden Demokratieverlust könnte jeder Abgeordnete durch sein persönliches Engagement mithilfe seiner vorhandenen Hilfskräfte entgegentreten. Ohne Mehrkosten erhielte jeder Abgeordnete in seinem Wahlkreis direkt die Rückmeldung zu den aktuellen politischen Zielen und nicht erst zum nächsten Wahltermin. Die Abgeordneten könnten so auch ihrer eigentlichen Aufgabe, einer Kontrolle der Regierung, besser nachkommen, da sie für Diskussionsforen auch die „Berliner Blase“verlassen müssten, die meint, sich in Krisenzeiten mit dem „Parlamentskreis Hund“beschäftigen zu müssen.