Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Bürgerverein Innenstadtentwicklung verstärkt
Moderne funktionale Stadtentwicklung und Bürgerbeteiligung stehen für die Gruppe im Vordergrund
- Der Bürgerverein Innenstadtentwicklung Laichingen (BIL) drängt schon lange auf ein Stadtentwicklungskonzept für Laichingen. Neben moderner und funktionaler Umgestaltung steht für die Akteure aber auch das Bewahren des kulturellen Erscheinungsbildes der Innenstadt und ein damit verbundenes Mitspracherecht der Bürger ganz oben auf der Agenda. Aufgrund vermehrter Bauaktivität, wachsender Leerstände und gestiegener Bedürfnisse in der Innenstadt will die Gruppe ihre Bestrebungen wieder intensivieren. Dazu organisiert der BIL Vorträge und sucht das Gespräch mit Verwaltung und Gemeinderat.
Schon in der Vergangenheit war der Bürgerverein, der sich vor einigen Jahren aus einer Bürgerinitiative, die immer noch besteht, gegründet hat, bemüht, der Laichinger Stadtentwicklung eine konkrete Richtung zu geben. Jetzt, nachdem die Pandemie vorüber ist und auch die Bauaktivitäten in und am Rande der Innenstadt deutlich zunehmen, möchte der Verein seine Ziele wieder deutlich präsenter vertreten und, neben der Suche nach weiteren Unterstützern, die Kommunikation mit Gemeinderat und Stadtverwaltung
deutlich intensivieren. „Wir wollen eine Stadtbildsatzung bis hin zu konkreten Bebauungsplänen für die Innenstadt. Alle Bauprojekte nach Paragraph 34 zu genehmigen, funktioniert nach unserer Meinung für die Laichinger Innenstadt, an die immer mehr Ansprüche gestellt werden, nicht mehr“, erklärt Karin Schur-Neugebauer, eine der Vorsitzenden des Vereins. Auch für das Innenstadtsanierungsprogramm brauche man eine Stadtbildsatzung, fügt ihre Amtskollegin Adelheid Merkle-Stumpp an.
Für diese Dinge sieht der Verein die Notwendigkeit eines externen Gestaltungsbeirats oder eines Ortsentwicklungsrats, den die Architektenkammer seit kurzem anbietet. „Generell finden wir es immer dringlicher, dass wir eine externe Expertise bekommen. Wir finden es inakzeptabel, dass Bauinvestoren in Laichingen als Stadtentwickler agieren“, so Karin Schur-Neugebauer. Bauprojekte würden aktuell inselförmig und unstrukturiert entstehen. Vieles werde nach Individualinteressen gebaut, ohne dass eine klare Linie erkennbar sei.
Die Bürger müssten auf das Aussehen und die Entwicklung ihrer Stadt Einf luss nehmen können und nicht nur vor vollendete
Tatsachen gestellt werden. „Es ist auch seit vielen Jahren gewünscht von der Landesregierung in Stuttgart, dass Bürgerbeteiligung erfolgt und diese auch von den örtlichen Verwaltungen akzeptiert wird“, ergänzt Adelheid Merkle-Stumpp. Generell sehe der Verein hier deutliches Verbesserungspotenzial in Laichingen. Die Meinungen der Bürger müssten gehört werden, sodass ein Meinungsbild entstehe, nach dem der Gemeinderat und die Verwaltung ihre Entscheidungen fällen können.
Wichtige Punkte für die Akzeptanz von neuen Großprojekten in der Bürgerschaft seien laut Bürgerverein vor allem Kommunikation und Transparenz. Viele Laichinger fühlten sich bei der Entwicklung ihrer Stadt nicht mitgenommen. Projekte, wie beispielsweise der neue Busbahnhof, erschienen mehr oder weniger plötzlich auf der städtischen Agenda, was bei den Bürgern dafür sorge, dass sich diese zumindest in Teilen übergangen fühlen. Entsprechende Rückmeldungen trudelten häufig bei Vereinsmitgliedern und Vorstand ein.
Im Arbeitskreis Innenstadtentwicklung sei der Verein indes gut und gerne vertreten und freue sich, seine Ideen einzubringen. Bei einem Gestaltungsbeirat gehe es jedoch nicht darum, den Entscheidern vorzuschreiben, was sie zu tun hätten, sondern ihnen Wege aufzuzeigen und Anregungen zu geben. Es sei wichtig, dass man Lösungen im Dialog finde und manchmal neue Wege gehe. So könne einerseits modern gebaut werden, andererseits die architektonische Geschichte und damit das gewachsene Erscheinungsbild der Stadt bewahrt werden. „Es soll möglichst stimmig neu gebaut und Altes erhalten werden“, sagt Karin Schur-Neugebauer.
Dabei spielt auch Nachhaltigkeit eine große Rolle, so der BIL. In der Laichinger Innenstadt gebe es sehr viele Gebäude und Strukturen, die renoviert, saniert oder umgenutzt werden könnten, anstatt diese abzureißen und einfach neu zu bauen. Dies Thematik bildet auch einen der Kernpunkte des Vortrags, welchen der BIL in der kommenden Woche organisiert hat (siehe Kasten). Zehn Prozent der Treibhausgasemissionen kämen aus Beton- und Stahlproduktionen beziehungsweise aus dem Recycling dieser Materialien. Wenn nicht ständig neu gebaut würde, könnte man hier einiges an CO2 einsparen.
Neben konkreten Beispielen, wie den Maierhöfen, geht es dem Bürgerverein Innenstadtentwicklung
auch um die Entwicklung der freien Flächen in der Stadtmitte. Hier spielen neben der Aufenthaltsqualität auch die Erhaltung der Identität der Leinenweberstadt und die Besucherfrequenz eine große Rolle. „Wir sprechen hier vor allem von Projekten, die identitätserhaltend oder sogar identitätsstiftend wirken“, so Adelheid MerkleStumpp. Viele Entscheidungen, welche die aktuelle Generation trifft, seien von späteren Generationen kaum noch veränderbar.
Verdichtete Bauweise sei gewollt und auch in Ordnung, trotzdem sollte man sich dabei nicht unbedingt nach Baugrenzen richten, die irgendwann am Anfang des vergangenen Jahrhunderts festgelegt wurden, weil dies nicht mehr zeitgemäß sei. „Es dreht sich immer wieder um die Steigerung der Attraktivität der Innenstadt, um das Sterben der Ladengeschäfte und Leerstände zu verhindert. Das bekommen wir nur hin, wenn die Innenstadt attraktiver bebaut und gestaltet wird. Das erreicht man nach unserer Meinung nur, wenn sich Architekten, Investoren, Gemeinderat und Bürger zusammentun und mit einer externen Expertise diese Aufgaben angehen“, argumentieren Karin Schur-Neugebauer und Adelheid Merkle-Stumpp.