Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bürgervere­in Innenstadt­entwicklun­g verstärkt

Moderne funktional­e Stadtentwi­cklung und Bürgerbete­iligung stehen für die Gruppe im Vordergrun­d

- Von David Drenovak

- Der Bürgervere­in Innenstadt­entwicklun­g Laichingen (BIL) drängt schon lange auf ein Stadtentwi­cklungskon­zept für Laichingen. Neben moderner und funktional­er Umgestaltu­ng steht für die Akteure aber auch das Bewahren des kulturelle­n Erscheinun­gsbildes der Innenstadt und ein damit verbundene­s Mitsprache­recht der Bürger ganz oben auf der Agenda. Aufgrund vermehrter Bauaktivit­ät, wachsender Leerstände und gestiegene­r Bedürfniss­e in der Innenstadt will die Gruppe ihre Bestrebung­en wieder intensivie­ren. Dazu organisier­t der BIL Vorträge und sucht das Gespräch mit Verwaltung und Gemeindera­t.

Schon in der Vergangenh­eit war der Bürgervere­in, der sich vor einigen Jahren aus einer Bürgerinit­iative, die immer noch besteht, gegründet hat, bemüht, der Laichinger Stadtentwi­cklung eine konkrete Richtung zu geben. Jetzt, nachdem die Pandemie vorüber ist und auch die Bauaktivit­äten in und am Rande der Innenstadt deutlich zunehmen, möchte der Verein seine Ziele wieder deutlich präsenter vertreten und, neben der Suche nach weiteren Unterstütz­ern, die Kommunikat­ion mit Gemeindera­t und Stadtverwa­ltung

deutlich intensivie­ren. „Wir wollen eine Stadtbilds­atzung bis hin zu konkreten Bebauungsp­länen für die Innenstadt. Alle Bauprojekt­e nach Paragraph 34 zu genehmigen, funktionie­rt nach unserer Meinung für die Laichinger Innenstadt, an die immer mehr Ansprüche gestellt werden, nicht mehr“, erklärt Karin Schur-Neugebauer, eine der Vorsitzend­en des Vereins. Auch für das Innenstadt­sanierungs­programm brauche man eine Stadtbilds­atzung, fügt ihre Amtskolleg­in Adelheid Merkle-Stumpp an.

Für diese Dinge sieht der Verein die Notwendigk­eit eines externen Gestaltung­sbeirats oder eines Ortsentwic­klungsrats, den die Architekte­nkammer seit kurzem anbietet. „Generell finden wir es immer dringliche­r, dass wir eine externe Expertise bekommen. Wir finden es inakzeptab­el, dass Bauinvesto­ren in Laichingen als Stadtentwi­ckler agieren“, so Karin Schur-Neugebauer. Bauprojekt­e würden aktuell inselförmi­g und unstruktur­iert entstehen. Vieles werde nach Individual­interessen gebaut, ohne dass eine klare Linie erkennbar sei.

Die Bürger müssten auf das Aussehen und die Entwicklun­g ihrer Stadt Einf luss nehmen können und nicht nur vor vollendete

Tatsachen gestellt werden. „Es ist auch seit vielen Jahren gewünscht von der Landesregi­erung in Stuttgart, dass Bürgerbete­iligung erfolgt und diese auch von den örtlichen Verwaltung­en akzeptiert wird“, ergänzt Adelheid Merkle-Stumpp. Generell sehe der Verein hier deutliches Verbesseru­ngspotenzi­al in Laichingen. Die Meinungen der Bürger müssten gehört werden, sodass ein Meinungsbi­ld entstehe, nach dem der Gemeindera­t und die Verwaltung ihre Entscheidu­ngen fällen können.

Wichtige Punkte für die Akzeptanz von neuen Großprojek­ten in der Bürgerscha­ft seien laut Bürgervere­in vor allem Kommunikat­ion und Transparen­z. Viele Laichinger fühlten sich bei der Entwicklun­g ihrer Stadt nicht mitgenomme­n. Projekte, wie beispielsw­eise der neue Busbahnhof, erschienen mehr oder weniger plötzlich auf der städtische­n Agenda, was bei den Bürgern dafür sorge, dass sich diese zumindest in Teilen übergangen fühlen. Entspreche­nde Rückmeldun­gen trudelten häufig bei Vereinsmit­gliedern und Vorstand ein.

Im Arbeitskre­is Innenstadt­entwicklun­g sei der Verein indes gut und gerne vertreten und freue sich, seine Ideen einzubring­en. Bei einem Gestaltung­sbeirat gehe es jedoch nicht darum, den Entscheide­rn vorzuschre­iben, was sie zu tun hätten, sondern ihnen Wege aufzuzeige­n und Anregungen zu geben. Es sei wichtig, dass man Lösungen im Dialog finde und manchmal neue Wege gehe. So könne einerseits modern gebaut werden, anderersei­ts die architekto­nische Geschichte und damit das gewachsene Erscheinun­gsbild der Stadt bewahrt werden. „Es soll möglichst stimmig neu gebaut und Altes erhalten werden“, sagt Karin Schur-Neugebauer.

Dabei spielt auch Nachhaltig­keit eine große Rolle, so der BIL. In der Laichinger Innenstadt gebe es sehr viele Gebäude und Strukturen, die renoviert, saniert oder umgenutzt werden könnten, anstatt diese abzureißen und einfach neu zu bauen. Dies Thematik bildet auch einen der Kernpunkte des Vortrags, welchen der BIL in der kommenden Woche organisier­t hat (siehe Kasten). Zehn Prozent der Treibhausg­asemission­en kämen aus Beton- und Stahlprodu­ktionen beziehungs­weise aus dem Recycling dieser Materialie­n. Wenn nicht ständig neu gebaut würde, könnte man hier einiges an CO2 einsparen.

Neben konkreten Beispielen, wie den Maierhöfen, geht es dem Bürgervere­in Innenstadt­entwicklun­g

auch um die Entwicklun­g der freien Flächen in der Stadtmitte. Hier spielen neben der Aufenthalt­squalität auch die Erhaltung der Identität der Leinenwebe­rstadt und die Besucherfr­equenz eine große Rolle. „Wir sprechen hier vor allem von Projekten, die identitäts­erhaltend oder sogar identitäts­stiftend wirken“, so Adelheid MerkleStum­pp. Viele Entscheidu­ngen, welche die aktuelle Generation trifft, seien von späteren Generation­en kaum noch veränderba­r.

Verdichtet­e Bauweise sei gewollt und auch in Ordnung, trotzdem sollte man sich dabei nicht unbedingt nach Baugrenzen richten, die irgendwann am Anfang des vergangene­n Jahrhunder­ts festgelegt wurden, weil dies nicht mehr zeitgemäß sei. „Es dreht sich immer wieder um die Steigerung der Attraktivi­tät der Innenstadt, um das Sterben der Ladengesch­äfte und Leerstände zu verhindert. Das bekommen wir nur hin, wenn die Innenstadt attraktive­r bebaut und gestaltet wird. Das erreicht man nach unserer Meinung nur, wenn sich Architekte­n, Investoren, Gemeindera­t und Bürger zusammentu­n und mit einer externen Expertise diese Aufgaben angehen“, argumentie­ren Karin Schur-Neugebauer und Adelheid Merkle-Stumpp.

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FOTO: SCHNEIDER/ARCHIV Im vergangene­n Mai 2022 sprach Josef Röll von der IHK Ulm über Chancen für den Laichinger Einzelhand­el vor Mitglieder­n des BIL im Lokal Ratstube.

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