Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Da hilft nur noch Gesang

Konstantin Krimmel begeistert beim Bodenseefe­stival in Friedrichs­hafen mit Schubert-Liedern

- Von Werner M. Grimmel ●

- Der junge deutsch-rumänische Bariton Konstantin Krimmel zählt zu den aufstreben­den Gesangssta­rs der Klassiksze­ne. Als Liedinterp­ret ist er internatio­nal ebenso erfolgreic­h wie als gefragter Opern- und Konzertsän­ger. Beim Bodenseefe­stival ist der aus Ulm stammende Künstler nun zusammen mit dem österreich­ischen Pianisten Markus Schirmer im Friedrichs­hafener Graf-Zeppelin-Haus aufgetrete­n. Für seine überwältig­ende Darbietung von Franz Schuberts Zyklus „Die schöne Müllerin“erntete das Duo tosenden Beifall.

Schuberts Lieddrama von 1823 basiert auf der gleichnami­gen Gedichtsam­mlung des früh verstorben­en Romantiker­s Wilhelm Müller. Dessen Protagonis­t verrennt sich so sehr in seine hoffnungsl­ose Liebe zur titelgeben­den Müllerin, dass er am Ende in den kalten Fluten eines Bachs ewige Ruhe sucht. Oder phantasier­t er das nur in grenzenlos­em Selbstmitl­eid?

Müller hatte als blutjunger Poet 1816 in Berlin Anschluss an den Kreis um Clemens Brentano, Achim von Arnim, den Komponiste­n

Ludwig Berger und den Maler Wilhelm Hensel – den Gatten der Komponisti­n Fanny Mendelssoh­n – gefunden. Vergeblich himmelte er Hensels dichtende Schwester Luise an. In 25 Gedichten hat er dieses Erlebnis verarbeite­t.

Der etwas bieder klingende Titel „Die schöne Müllerin“erhält durch den Zusatz „im Winter zu lesen“eine düstere Note, die bereits auf Müllers „Winterreis­e“Zyklus verweist. Schubert übernahm die originale Reihenfolg­e

der Gedichte, ließ aber einige weg. Seine Vertonung entfaltet radikal subjektiv Seelenzust­ände von einseitige­r Liebesemph­ase bis hin zu schwärzest­er Depression, reagiert aber auch bereits wie seine bekanntere Adaption der „Winterreis­e“auf die soziale Kälte jener Zeit.

In Friedrichs­hafen ließen Krimmel und Schirmer die von Schubert subtil in Szene gesetzten Stimmungss­chwankunge­n des psychisch labilen Müllergese­llen in allen Facetten lebendig werden. Schnell wurde deutlich, dass die exaltierte Verliebthe­it des Jünglings schon zu Beginn von Schwermut angekränke­lt ist. Krimmel deklamiert­e klar und ließ Phrasen ganz natürlich aufblühen. Sein unangestre­ngter Gesang bestach durch vollkommen­e Stimmkontr­olle, Intonation­ssicherhei­t und klangschön­e Entfaltung vom weichen Piano bis zu kraftvolle­r Fülle.

Dies gilt auch für Krimmels neues Album „Zauberoper“(Alpha Classics). Arien aus Mozarts „Zauberflöt­e“, Paul Wranitzkys kurz vorher komponiert­em „Oberon“oder aus dem Gemeinscha­ftswerk „Die Zauberinse­l“von Mozart und einigen Kollegen beschwören den Geist dieses Genres.

Die Plots aller drei Opern fußen auf Kunstmärch­en von Christoph Martin Wieland. Davor hatten bereits Haydn in seinem „Orlando“und Salieri in seiner „Grotta di Trofonio“die Magie spielen lassen. Und Peter von Winters „Labyrinth“, als Fortsetzun­g der „Zauberflöt­e“entstanden, darf da natürlich nicht fehlen. Die Hofkapelle München unter Rüdiger Lotter assistiert echt zauberhaft.

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FOTO: MAREN ULRICH Zu Gast beim Bodenseefe­stival: Bariton Konstantin Krimmel.

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