Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Eine Karriere voller Höhepunkte
Marcel „Marci“Schliedermann beendet seine Zeit als Profi-Handballer
- Nach einer erfolgreichen Profikarriere ist nun Schluss: Handballer Marcel Schliedermann verlässt den TV Emsdetten, den Verein, für welchen er in den vergangenen Jahren gespielt hatte. Der gebürtige Ehinger strebt eine berufliche Laufbahn abseits des Profisports an, möchte dem Handball aber dennoch treu bleiben.
Es gibt wenig, was Schliedermann, genannt „Marci“, in seiner Laufbahn als Handballer nicht erlebt hat. Mit dem HSV Hamburg gewann er als junger Spieler 2010 den DHB-Pokal, wurde im Jahr darauf deutscher Handballmeister und reckte 2013 den ChampionsLeague-Pokal mit den Hamburgern in die Höhe. In den Folgejahren spielte Schliedermann für den ThSV Eisenach und erlebte hier den Aufstieg in die erste Bundesliga mit, ehe er zum TV Emsdetten wechselte. Sogar in die JuniorenNationalmannschaft hat es Schliedermann geschafft, mit der er bei der Weltmeisterschaft 2009 den siebten Platz belegte. Nun ist Schluss für den 32-Jährigen, der bereits mit 18 Jahren aus der Ehinger Jugend nach Hamburg gewechselt war. Er wird ab Herbst in Minden eine Trainee-Stelle bei einem Möbelunternehmen übernehmen und hat vor, parallel für die zweite Mannschaft in Minden im Amateurbereich zu spielen. Die Mannschaft durchlebte zuletzt einen Umbruch und strebt nun den Wiederaufstieg an.
Die Gründe für das Ende seiner Profikarriere sind vielfältig. „Ich habe alles erlebt und bin viel durch die Welt gereist“, erinnert sich Schliedermann, der im Rückraum spielt und sowohl mit rechts als auch mit links werfen kann. „Die Zeit im Leistungssport ist einfach begrenzt.“Gerne blickt er auf seine jungen Jahre als Handballer in Hamburg zurück, in denen er die Möglichkeit hatte, mit Handballgrößen wie Pascal Hens, Domagoj Duvnjak oder Hans Lindberg zusammenzuspielen. Mit einigen
steht er heute noch im Kontakt. „Das waren alles gestandene Nationalspieler. Da muss man als junger Spieler erst mal die Klappe halten und sich beweisen“, beschreibt Schliedermann seine Anfangsjahre in der Bundesliga, die er rückblickend als extrem lehrreich einschätzt. „Ich habe bei diesen Titelgewinnen nicht so viel gespielt, aber war Teil der Mannschaft. Da zehrt man als junger Spieler davon.“Dass die Profikarriere nun ihr Ende findet, kann der 32-Jährige voll und ganz akzeptieren. „Ich bin völlig fein mit mir und habe mich bewusst dazu entschieden, auch wenn ich noch andere Möglichkeiten gehabt hätte“, sagt er. Ein Grund für diesen Schritt ist auch die anstehende Hochzeit mit seiner Verlobten, die aktuell noch beruflich nach Minden pendelt. Künftig wird das Paar seinen Wohnsitz dorthin verlegen.
Auf die Zeit abseits des Profilebens mit geregelten Arbeitszeiten freut sich Schliedermann. „Als Profi trainierst du achtmal die Woche und spielst am Samstag oder Sonntag. Feste wie Hochzeiten
oder Geburtstage rücken in den Hintergrund, du musst als Profi immer da sein“, erklärt er. Dennoch hat es Schliedermann geschafft, während seiner Profizeit ein Studium in BWL abzuschließen. Als Handballer müsse man das machen, um auch nach der Karriere noch Geld zu verdienen, erklärt er. „Ich finde das gut. So bleibt man bodenständig.“Für die anstehende Zeit in Minden möchte er zusammen mit seiner Frau seine „Tennis-Karriere vorantreiben“. Ebenfalls schließt er nicht aus, künftig als Haupt- oder Jugendtrainer zu arbeiten. In Emsdetten coacht er aktuell die D-Jugend.
Fest steht: Es wird auch Dinge geben, die der 32-Jährige vermissen wird, wie beispielsweise die vollen Hallen mit „fantastischer Stimmung“. Ein Umstand, der ihm insbesondere in den Jahren der Pandemie mit Spielen vor leeren Rängen besonders gefehlt hat. „Wenn man jedes Wort in der Halle hört, ist das krass“, sagt er und erinnert sich, wie froh er damals war, seine Teamkollegen wieder zu treffen: „Auch wenn die Jungs einem
manchmal auf den Sack gehen, vermisst man sie doch“, sagt er und lacht. Für Schliedermann macht gerade das den Handball aus: „Der Sport ist so hart und schnell. Man haut sich 60 Minuten lang auf die Knochen, jammert aber nicht rum, sondern trinkt danach mit dem Gegner ein Bier“, schildert er. Trinkfest seien ohnehin die meisten Handballer, berichtet Schliedermann und erinnert sich an Ausflüge mit dem Team nach Mallorca.
Auch zu seiner Heimat Ehingen hat Schliedermann nicht den Kontakt verloren. Seine Cousins spielen in Ehingen Handball, auch seine Eltern wohnen in der Stadt. Der 32-Jährige freut sich, künftig wieder etwas mehr Zeit zu haben, sein altes Zuhause zu besuchen, zumal er auch der schwäbischen Küche verbunden geblieben ist: Zu seinen Leibspeisen gehören Zwiebelrostbraten und Spätzle sowie Maultaschen. Und auch sonst scheint Schliedermann ein Siegertyp zu sein. Zu seinen Lieblingsvereinen im Fußball und Handball zählen Bayern München sowie THW Kiel.