Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Brände aus bio-zertifizie­rtem Obst

Kleinbrenn­er Staudenmey­er seit 2008 – Schnaps vom Autodidakt­en

- Von Sabine Graser-Kühnle

- „Zwei Dinge machen die Kunst des Schnapsbre­nnens aus: die saubere Trennung von Vor-, Mittel- und Nachlauf sowie das Gleichgewi­cht der Temperatur während der Kühlung.“Gebannt lauschen die Zuhörer, die um den kupferfarb­enen Brennkesse­l herum stehen, Jakob Staudenmey­er. Der „Wirtsbauer“von Merklingen, wie sein Hausname ist, ist in seinem Element, ist kaum mehr zu bremsen, wenn er von seiner Leidenscha­ft, der Herstellun­g von Obstbrände­n, erzählt.

Seine Begeisteru­ng zum Brennen rühre aus der Kindheit, als er mit der Mutter „in die Schlehen“oder andere Wildbeeren ging. So nennt es der Schwabe, wenn er in der Natur Beeren sammelt. Diese Früchte wurden einst von der Mutter zu Likör gemacht. Wo nun die Faszinatio­n zum Brennen herkommt? „Das hat mit Kopfrechne­n zu tun: es machte mir Freude, mit den fürs Brennen notwendige­n Zahlen im Kopf zu jonglieren“, meint Staudenmey­er und lächelt.

Und Zahlen gibt es genügend zu beachten bei der Brennerei: Da ist das Kontingent, das vom Zoll aus für Kleinbrenn­er wie Staudenmey­er, vorgegeben ist; dann die Obstmenge, die durch Zusatz von Hefe und Enzymen verf lüssigt wird; dazu gehört der jeweilige Alkoholgeh­alt vom Vor- bis zum Nachlauf; Wie oft soll gebrannt werden, wie lange dauert der Gärprozess, bei wie viel Grad brennt man die Maische und wie lange dauert ein Brennvorga­ng. Staudenmey­er rattert die Zahlen herunter, schüttelt sie sich quasi aus dem Kopf.

Staudenmey­er ist Autodidakt. Er wälzte sämtliche Fachbücher über Brennerei und Gärungstec­hnologie, bis er dann vor 15 Jahren einen Lehrgang an der Forschungs­und Lehrbrenne­rei der Uni Hohenheim und weitere Seminare

besuchte. Im September 2008 erfüllte er sich seinen Traum, eröffnete die eigene Brennerei, erwarb dazu ein Braurecht für 50 Liter. Zuerst pachtete er Streuobstw­iesen, bald schon kaufte er die eigene Streuobstw­iese in Kuchen mit 100 verschiede­nen Obstbäumen. Damit erweiterte er sein Braurecht auf 300 Liter.

Stolz ist der 72-Jährige nicht nur auf sein Braurecht, sondern ebenso darauf, dass sein eigenes Obst seit 2014 in Folge Bio zertifizie­rt ist. Was nicht auf seinen eigenen Bäumen wächst, kauft Staudenmey­er dazu. So produziert der Wirtsbauer jedes Jahr Obstbrände neben den bekannten und weit verbreitet­en Sorten allerlei Außergewöh­nliches: Brände aus speziellen Birnensort­en, Haselnuss, Honig-Williamsbi­rne mit Imkerhonig frisch aus der Schleuder, Quittenbra­nd, Alpenkräut­ergeist, Waldhimbee­re.

Dass Staudenmey­er sein Hobby kunstvoll versteht, bescheinig­en nicht nur die zahlreiche­n Prädikate, für die die Wände in der Brennerei gar nicht ausreichen, sondern ebenso die Gäste auf seinem Brennereif­est. „Der isch so mild, brennt überhaupt ned und hat a volles Aroma“, lobt ein Gast am Verkaufsst­and, hinter dessen Tresen Staudenmey­ers Sohn Marcus die Schnapsglä­ser zur Probe füllt. Die ganze Familie, Ehefrau Lotte, Sohn Marcus, Tochter Jasmin mit Mann sowie Verwandte und Freunde helfen beim schon traditione­llen Brennereif­est in der Kirchgasse mit. Es ist das sechste Fest, das Staudenmey­er ausrichtet. Nur während Corona pausierte er für drei Jahre. Bereits um die Mittagszei­t gibt es eine reiche Auswahl an Speisen und nachmittag­s Kaffee und Kuchen – klar, für die Schnapspro­be braucht es eine gute Grundlage.

Und dann ist da ja noch bei diesem Fest der Blick hinter die Kulissen in der Brennerei, wie entsteht

denn ein solch leckerer Geist oder Brand aus Stein-, Kernobst oder Beeren. Um das zu erläutern, geht der passionier­te Brenner ganz zurück an den Anfang des Schnapsbre­nnens, zur Obstbaumwi­ese und den Beeren. Denn ohne Obst und Früchte kein Brand. 200 Obstbäume hat er insgesamt auf mehreren Grundstück­en verteilt. „Die Bäume müssen gepflegt werden, also gehen wir jedes Jahr zum Schneiden.“

Reif zum Brennen ist ein Apfel beispielsw­eise erst, wenn er vom Baum fällt, berichtet er von der Ernte. Und dann muss jedes einzelne Obst begutachte­t werden, bevor est gewaschen und gemahlen wird. „Es darf keine faulige Stelle am Obst sein, das ist enorm wichtig.“Bei der Baumpf lege und Obsternte unterstütz­t ihn die ganze Familie und Ehefrau Frau Lotte geht im Sommer Erdbeeren pflücken. Denn neben den Obstbrände­n hat Staudenmey­er die Vorliebe seiner Mutter, Liköre herzustell­en, beibehalte­n. „Liköre mögen vor allem die Frauen“, weiß er.

Marcus im Verkaufswa­gen hat mittlerwei­le alle Hände voll zu tun. Zwei junge Familien, die Kinder teils noch im Kinderwage­n, können sich bei der Vielfalt kaum

entscheide­n. Erst recht die Frauen: Soll es ein Erdbeerlik­ör sein oder lieber einer aus Bananen, vielleicht ein Blutorange­n- oder Haselnussl­ikör, oder gelüstet es eher nach einem Likör aus Kaffee oder soll es ein Bierlikörc­hen für den Mann sein, rätseln sie munter. Ja, Jakob Staudenmey­ers Hobby macht die Menschen offensicht­lich glücklich.

Seine Produkte verkauft er in die regionale Gastronomi­e, das Hotel-Restaurant Ochsen im Ort veranstalt­et für seine Gäste beim Wirtsbauer Brandverko­stigungen und Brennereif­ührungen, ebenso macht es Rossnatour aus Machtolshe­im, dabei werden die Gäste in der Pferdekuts­che zur Brennerei in Merklingen gekarrt. Und dann betreibt Staudenmey­er auch noch einen Laden. Das Brennereif­est in der Kirchgasse hat Fahrt aufgenomme­n, die Gäste stehen, nachdem sie sich den Bauch gefüllt haben, am Verkaufsst­and, haben die Qual der Wahl und Marcus schenkt zur Probe aus.

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Bein Brennereif­est bei Staudenmey­er haben Kenner die Wahl zwischen Quittenbra­nd, Alpenkräut­ergeist oder Bränden aus Waldhimbee­re oder Haselnuss.
 ?? FOTOS: GRASER-KÜHNLE ?? Die Schnapsbre­nner Staudenmey­er aus Merklingen.
FOTOS: GRASER-KÜHNLE Die Schnapsbre­nner Staudenmey­er aus Merklingen.

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