Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Untauglich­er Vorschlag

- Von Dirk Grupe d.grupe@schwaebisc­he.de

Die Wehrbeauft­ragte schlägt die Wiedereinf­ührung der Musterung vor, was im ersten Augenblick vielleicht charmant klingen mag. Dadurch würde sich jedoch keines der bestehende­n Probleme lösen.

Generation­en von Männern erinnern sich an Kreiswehre­rsatzämter und Musterung, an Doktoren, die mit ernster Miene die Heranwachs­enden auf Tauglichke­it im Feld inspiziert­en. So viel zur Nostalgie. In der Realität wird es aber in Deutschlan­d keine Rückkehr zur allgemeine­n Wehrpf licht geben. Dazu fehlt es an Infrastruk­tur, Ausbildern und dem Bedarf auf breiter Ebene.

Zur Wirklichke­it gehört jedoch auch, dass sich zu wenige junge Menschen bei der Bundeswehr bewerben. Die Pflicht zur Musterung soll Abhilfe schaffen. Aufwand und Nutzen stünden allerdings in keinem Verhältnis. Die Musterung aller Männer und Frauen eines Jahrgangs käme einer gigantisch­en Werbekampa­gne gleich – inklusive ausufernde­r Bürokratie. Und das alles auf Kosten der Steuerzahl­er.

Davon abgesehen stellt sich die Frage, welche (ungewollte) Botschaft davon ausginge: Seid wehrbereit, der nächste Krieg steht vor der Tür? Realitätss­inn ist wichtig, siehe Russland/Ukraine, der grundsätzl­iche Ansatz sollte aber kein militärisc­her oder kriegerisc­her sein. Nicht umsonst ist es in Baden-Württember­g der Bundeswehr seit 2014 verboten, Werbung an Schulen zu machen.

Mag der Vorstoß untauglich sein, erinnert er trotzdem an eine wichtige Debatte. Nämlich jene um ein Pflichtjah­r zur Stärkung von Katastroph­enschutz, Bundeswehr oder Sozialeinr­ichtungen. Die Umsetzung hätte praktische­n Nutzen und würde in einer Gesellscha­ft, die sich aus vielen Kulturen zusammense­tzt, die Identifika­tion mit dem Land fördern.

Die Bundeswehr hingegen leidet unter schlechter Ausstattun­g, Führungssc­hwäche und miserablem Image. Zuallerers­t und mithilfe der Politik sollte sie diese Probleme lösen. Das wäre die beste Werbung in eigener Sache.

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