Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wie verlockend ist dieses Land?

- Von Jürgen Mladek j.mladek@schwaebisc­he.de

Bald wird alles gut mit dem Fachkräfte­mangel! Meint zumindest Innenminis­terin Nancy Faeser und verweist auf ihr famoses neues „Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz“. Das werde „ohne Übertreibu­ng eines der modernsten Einwanderu­ngsrechte der Welt“. Wumms! Bis es aber so weit ist und die fleißigen Menschen aller benötigten Qualifikat­ionen in Scharen in das Land strömen, das weltweite Spitzenplä­tze wenn schon nicht bei den Löhnen, dann aber doch bei Steuern und Abgaben sowie Energiepre­isen belegt, versuchen es unsere Regierungs­vertreter noch mit der guten alten Werbetromm­el vor Ort. So machte es Außenminis­terin Annalena Baerbock in Indien, Kanzler Olaf Scholz in Kenia und Äthiopien, Entwicklun­gsminister­in Svenja Schulze gemeinsam mit Arbeitsmin­ister Hubertus Heil in Ghana – und jetzt ist also Brasilien dran.

Immerhin: Aus Indien wurden 2022 dann doch zwei Pf legekräfte nach Deutschlan­d vermittelt, das ist deutlich mehr als aus Indonesien, von dem man sich doch so viel versproche­n hatte: Da kam niemand. Dafür sind rund zehn Prozent der 660.000 erwerbsfäh­igen Ukraine-Flüchtling­e bei uns in einem sozialvers­icherungsp­f lichtigen Job gelandet. Klingt wenig? Stimmt: In den Niederland­en arbeiten 50 Prozent.

Deutschlan­d kommt unter den OECD-Ländern aber immerhin in der Kategorie „Abwanderun­g von einheimisc­hen Fachkräfte­n“aufs Siegertrep­pchen. Rund eine Viertelmil­lion Deutsche verließ allein 2021 das Land, die meisten im arbeitsfäh­igen Alter, drei Viertel Akademiker. Betroffen von der Abwanderun­g sind vor allem Bayern und Baden-Württember­g. Gleichzeit­ig verlassen jedes Jahr Zehntausen­de bei uns die Schule ohne einen Abschluss.

Deutschlan­d verliert hier also Steuer- und Beitragsza­hler, während durch ein weiteres Wachstum des Beamtenapp­arates und stetig steigende Kosten im Sozialbere­ich der Finanzbeda­rf des Staates immer größer wird. Vielleicht hilft da wirklich auch ein neues Einwanderu­ngsrecht dabei, den Laden noch irgendwie über Wasser zu halten. Um eine nachhaltig­e Trendwende zu erreichen, müssen unsere PolitFachk­räfte aber ganz andere Reformen anstoßen.

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