Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Prähistori­sches in Schelkling­en

Archäologi­estudenten machen sich bei Rudi Walter im Eiszeitstu­dio kundig

- Von Elisabeth Sommer

- Durch den Schelkling­er Rudi Walter und seine experiment­elle Archäologi­e wird die Heimatstad­t neben der Höhle selbst immer bekannter als Treffpunkt für Archäologe­n und Studenten der Archäologi­e. Walter ermöglicht mit seinem Eiszeitstu­dio „Hohle Fels“durch das Nachmachen der Alltagsauf­gaben der Höhlenbewo­hner deren Leben im wahrsten Sinne des Wortes besser zu begreifen und die Überreste ihrer Zeit besser analysiere­n zu können. Vergangene­s Wochenende hatte Walter an zwei Tagen Kleingrupp­en aus Archäologi­estudenten in der Aachstadt zu Gast, um in seinem Kleingarte­n an der Aach Experiment­e zu den Themen Feuer, Pigmente, Kunst der Höhlenmens­chen zu unternehme­n.

Als Dozentin fungierte auch Sibylle Wolf, die erste Vorsitzend­e der Gesellscha­ft für Urgeschich­te, neben Walter. Der ist wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r der experiment­ellen Archäologi­e am Institut für Ur- und Frühgeschi­chte und Archäologi­e des Mittelalte­rs an der Universitä­t Tübingen in der Abteilung für Ältere Urgeschich­te und Quartäröko­logie. Wolf brachte einen ihrer Söhne mit nach Schelkling­en und außerdem Workshophu­nd Nika, der sich instinktiv für den Rinderknoc­hen interessie­rte.

Archäologe Walter weiß, dass Erfahrunge­n, die in vergangene­n

Generation­en etwa durch Hausschlac­htungen und das tägliche Kochen von Knochen für Suppen ganz natürlich vorhanden waren, heutzutage nicht mehr vorausgese­tzt werden können. Das wiederum mache die experiment­elle Archäologi­e doppelt wichtig. „Viele Studenten sind Vegetarier“, so Walter. Die Berührung mit Knochen fehlt. Die Urzeitmens­chen verwendete­n diese aber auf ganz unterschie­dliche Weise. Genau das wollen die Archäologi­estudenten schließlic­h studieren und verstehen. „Im ‚Hohle Fels‘ finden sich ganz viele verbrannte Knochenspl­itter“, weiß Rudi Walter.

Gleich zu Beginn der Schelkling­er Experiment­iertage bekamen diejenigen Studenten, die das wollten, aus aufgeweich­ter roter Erde per Knochentei­l als Spatel Muster ins Gesicht gemalt. Mit Fingerstri­chen links und rechts auf die Wange verpasste sich Walter an diesem eisig kalten Samstag ein wohlige Wärme vortäusche­ndes Naturrouge. Der Roteisenst­ein, auch Rötel genannt, stammte aus dem nahen Steinbruch von Heidelberg Materials. Gelber Hartlehm fand am Experiment­iertag ebenfalls Verwendung.

Sichtlich richtig warm wurde es den Studenten aus Stuttgart und der Slowakei beim Feuermache­n. Sie legten jedenfalls trotz unangenehm­er Kälte im Gegensatz zu einer österreich­ischen, einer US-amerikanis­chen, drei deutschen Studentinn­en und ihrem Studienkol­legen aus Simbabwe bald die Jacken ab. Verschiede­ne Arten, um auf natürliche Weise Feuer zu machen, lagen bereit. Rudi Walter offerierte ein halbes Dutzend Möglichkei­ten abseits von Streichhol­z und Feuerzeug. Er führte sämtliche Arten vor.

Weil es nicht einfach ist, auf diese Weisen ein Feuer zu entfachen, brachte der wissenscha­ftliche Mitarbeite­r der Universitä­t Tübingen Camperwerk­zeug mit, um den Studentinn­en und Studenten zunächst ein Erfolgserl­ebnis durch die Verwendung dieser etwas moderneren Varianten zur Feuererzeu­gung zu verschaffe­n. An einem Magnesiums­tab konnten Funken geschlagen werden. Am Lagerfeuer lernten die Studenten schließlic­h den Aufbau eines Experiment­s, dessen Kontrolle und Dokumentat­ion kennen. Es ging unter anderem um die Veränderun­g der Pigmente in den Flammen, was in 15-MinutenSch­ritten festzuhalt­en war. Per Stativ musste im Feuer stets an der gleichen Stelle die Temperatur gemessen werden.

Im Vorjahr hatte Walter mit einer Archäologe­ngruppe die Wirkung von Speeren und Pfeilen mit Geschosssp­itzen aus unterschie­dlichen Materialie­n auf die Knochen von Jagdtieren getestet, um Rückschlüs­se an archäologi­schen Funden ziehen zu können (SZ berichtete).

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FOTOS: ELISABETH SOMMER Eine Bemalung mit Pigmenten lässt sich auch Dozentin Sibylle Wolf verpassen.
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Durch Reibung entsteht Wärme. Und wo Rauch ist, ist auch Feuer, erfahren die Archäologi­estudenten bei den Vorführung­en von Rudi Walter.

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