Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Prähistorisches in Schelklingen
Archäologiestudenten machen sich bei Rudi Walter im Eiszeitstudio kundig
- Durch den Schelklinger Rudi Walter und seine experimentelle Archäologie wird die Heimatstadt neben der Höhle selbst immer bekannter als Treffpunkt für Archäologen und Studenten der Archäologie. Walter ermöglicht mit seinem Eiszeitstudio „Hohle Fels“durch das Nachmachen der Alltagsaufgaben der Höhlenbewohner deren Leben im wahrsten Sinne des Wortes besser zu begreifen und die Überreste ihrer Zeit besser analysieren zu können. Vergangenes Wochenende hatte Walter an zwei Tagen Kleingruppen aus Archäologiestudenten in der Aachstadt zu Gast, um in seinem Kleingarten an der Aach Experimente zu den Themen Feuer, Pigmente, Kunst der Höhlenmenschen zu unternehmen.
Als Dozentin fungierte auch Sibylle Wolf, die erste Vorsitzende der Gesellschaft für Urgeschichte, neben Walter. Der ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der experimentellen Archäologie am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters an der Universität Tübingen in der Abteilung für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie. Wolf brachte einen ihrer Söhne mit nach Schelklingen und außerdem Workshophund Nika, der sich instinktiv für den Rinderknochen interessierte.
Archäologe Walter weiß, dass Erfahrungen, die in vergangenen
Generationen etwa durch Hausschlachtungen und das tägliche Kochen von Knochen für Suppen ganz natürlich vorhanden waren, heutzutage nicht mehr vorausgesetzt werden können. Das wiederum mache die experimentelle Archäologie doppelt wichtig. „Viele Studenten sind Vegetarier“, so Walter. Die Berührung mit Knochen fehlt. Die Urzeitmenschen verwendeten diese aber auf ganz unterschiedliche Weise. Genau das wollen die Archäologiestudenten schließlich studieren und verstehen. „Im ‚Hohle Fels‘ finden sich ganz viele verbrannte Knochensplitter“, weiß Rudi Walter.
Gleich zu Beginn der Schelklinger Experimentiertage bekamen diejenigen Studenten, die das wollten, aus aufgeweichter roter Erde per Knochenteil als Spatel Muster ins Gesicht gemalt. Mit Fingerstrichen links und rechts auf die Wange verpasste sich Walter an diesem eisig kalten Samstag ein wohlige Wärme vortäuschendes Naturrouge. Der Roteisenstein, auch Rötel genannt, stammte aus dem nahen Steinbruch von Heidelberg Materials. Gelber Hartlehm fand am Experimentiertag ebenfalls Verwendung.
Sichtlich richtig warm wurde es den Studenten aus Stuttgart und der Slowakei beim Feuermachen. Sie legten jedenfalls trotz unangenehmer Kälte im Gegensatz zu einer österreichischen, einer US-amerikanischen, drei deutschen Studentinnen und ihrem Studienkollegen aus Simbabwe bald die Jacken ab. Verschiedene Arten, um auf natürliche Weise Feuer zu machen, lagen bereit. Rudi Walter offerierte ein halbes Dutzend Möglichkeiten abseits von Streichholz und Feuerzeug. Er führte sämtliche Arten vor.
Weil es nicht einfach ist, auf diese Weisen ein Feuer zu entfachen, brachte der wissenschaftliche Mitarbeiter der Universität Tübingen Camperwerkzeug mit, um den Studentinnen und Studenten zunächst ein Erfolgserlebnis durch die Verwendung dieser etwas moderneren Varianten zur Feuererzeugung zu verschaffen. An einem Magnesiumstab konnten Funken geschlagen werden. Am Lagerfeuer lernten die Studenten schließlich den Aufbau eines Experiments, dessen Kontrolle und Dokumentation kennen. Es ging unter anderem um die Veränderung der Pigmente in den Flammen, was in 15-MinutenSchritten festzuhalten war. Per Stativ musste im Feuer stets an der gleichen Stelle die Temperatur gemessen werden.
Im Vorjahr hatte Walter mit einer Archäologengruppe die Wirkung von Speeren und Pfeilen mit Geschossspitzen aus unterschiedlichen Materialien auf die Knochen von Jagdtieren getestet, um Rückschlüsse an archäologischen Funden ziehen zu können (SZ berichtete).