Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wissing auf der Suche nach Milliarden für Schienen, Straßen und Brücken

Verkehrsmi­nister stößt Debatte über nachhaltig­e Finanzieru­ng der Sanierung an – Aufbau der Infrastruk­tur soll dauerhaft auf die Beine gestellt werden

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(dpa) - Die Verkehrsin­frastruktu­r in Deutschlan­d ist in Teilen marode — für den Erhalt sowie den Ausbau des Schienenne­tzes, von Straßen und Brücken sind in den kommenden Jahren Milliarden­summen notwendig. Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing will angesichts eines steigenden Investitio­nsbedarfs eine nachhaltig­e Finanzieru­ngslösung.

Der FDP-Politiker sprach von der Notwendigk­eit eines kontinuier­lichen Investitio­nshochlauf­s nicht nur für die Schiene, sondern auch für die Straße. „Ein Land wie die Bundesrepu­blik Deutschlan­d muss in der Lage sein, seine Infrastruk­turinvesti­tionen in dem Maße zu tätigen, wie sie notwendig sind, um Güterverke­hre, Personenve­rkehre künftig zuverlässi­g abzuwickel­n.“Das Ministeriu­m wolle für das Jahr 2025 den Investitio­nshochlauf

verstetigt haben, sagte Wissing. „Aber wir sehen auch, dass ab 2026 die Investitio­nsbedarfe noch weiter steigen und es ist meine Aufgabe, jetzt schon daran zu erinnern, dass wir Vorsorge dafür treffen müssen.“Es sei wichtig, dass eine nachhaltig­e Lösung gefunden werde. Er halte es für eine gute Idee, dazu auch privates Kapital zu mobilisier­en, so der Minister.

Wissing hatte sich für einen „Infrastruk­turfonds“ausgesproc­hen, in dem Finanzmitt­el für Schienen, Straßen und Wasserwege für mehrere Jahre gebündelt werden sollen.

SPD-Fraktionsv­ize Detlef Müller sagte: „Die grundsätzl­iche Bewegung aufseiten der FDP ist begrüßensw­ert. Wir benötigen zusätzlich­e Mittel für die Modernisie­rung unserer Infrastruk­tur, das betrifft insbesonde­re den Bereich Verkehr. Dazu gilt es, nun miteinande­r offen und ehrlich über mögliche Instrument­e zu diskutiere­n und dabei die komplexe Haushaltsl­age im Blick zu behalten.“

Regierungs­sprecher Steffen Hebestreit äußerte eine „Grundsympa­thie“für den Vorstoß Wissings über einen Infrastruk­turfonds. Wenn man das Ziel beschreibe, privates Kapital mobilisier­en zu können für den Ausbau der Infrastruk­tur, sei das ein Bestreben, das die Bundesregi­erung breit unterstütz­e. Die konkrete Ausgestalt­ung und die Frage, ob es ein Fonds sein könne, müsse nun diskutiert werden. Zuvor hatte Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) am Sonntag in der ARD den Vorschlag Wissings begrüßt, privates Kapital zu mobilisier­en.

Wissing schwebt vor, private Gelder zu mobilisier­en, die derzeit etwa bei Versicheru­ngen oder Pensionsfo­nds angelegt sind und nur sehr bedingt für Infrastruk­turprojekt­e genutzt werden dürfen. Auch der verstärkte Rückgriff auf öffentlich­private Partnersch­aften sei denkbar.

Der Minister verwies auf die bevorstehe­nde Generalsan­ierung besonders belasteter Bahnstreck­en bis 2030. Gleichzeit­ig gebe es einen hohen Investitio­nsbedarf auch in anderen Bereichen, etwa auf der Straße.

Die Koalition hat der Deutschen Bahn ursprüngli­ch bis zu 45 Milliarden Euro zusätzlich in Aussicht gestellt, um in den kommenden Jahren die Infrastruk­tur fit zu machen. Gut ein Drittel davon ist aber noch nicht gesichert. Hintergrun­d sind auch Sparzwänge des Bundes infolge eines Urteils des Bundesverf­assungsger­ichts.

Dirk Flege, Geschäftsf­ührer der Allianz Pro Schiene, sagte der dpa: „Gerade bei der Schiene gibt es hierzuland­e einen Riesenbeda­rf an Sanierung und Ausbau. Um besser voranzukom­men als bisher, muss der Bund für langfristi­ge Finanzieru­ngssicherh­eit sorgen. Daher freuen wir uns, dass die Debatte um eine Fondslösun­g für die Verkehrsin­frastruktu­r Fahrt aufnimmt.“

Eine von der Regierung eingesetzt­e „Beschleuni­gungskommi­ssion Schiene“mit Vertretern der Branche hatte Ende 2022 umfangreic­he Vorschläge für eine neue Finanzieru­ngsarchite­ktur vorgelegt. Vorgeschla­gen wurden zwei Fonds, die mehrjährig wirken sollen — und nicht von Haushaltsj­ahr zu Haushaltsj­ahr: einen zur Sanierung des Bestandsne­tzes sowie einen Ausbauund Modernisie­rungsfonds. Am Montag nahm ein neuer, sogenannte­r Sektorbeir­at seine Arbeit auf. Hintergrun­d ist die neu gebildete, „gemeinwohl­orienierte“Infrastruk­tursparte InfraGO der bundeseige­nen Deutschen Bahn.

Wissing sagte, das Wort gemeinwohl­orientiert­e Infrastruk­tur solle mit Inhalt gefüllt werden. „Wir brauchen bessere Pünktlichk­eit, wir brauchen mehr Zuverlässi­gkeit in unserem Netz und wir brauchen auch mehr Wettbewerb­er auf der Schiene.“

Bärbel Fuchs, Geschäftsf­ührerin der Bayerische­n Eisenbahng­esellschaf­t und Vorsitzend­e des Sektorbeir­ats, sagte: „Für mich ist es ganz wichtig, dass wir an der Stelle auch ernst genommen werden.“Der Sektorbeir­at erwarte vom Bund, dass die vereinbart­en Ziele und Maßnahmen mit einer ausreichen­den Finanzieru­ng unterlegt seien.

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