Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Bedrohte Kunstfreih­eit“

Der Historiker Meron Mendel zum Auftakt der Konferenz der Europäisch­en Allianz der Akademien

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(dpa) - Der israelisch-deutsche Publizist und Direktor der Frankfurte­r Bildungsst­ätte Anne Frank, Meron Mendel, sieht die Kunstfreih­eit in Deutschlan­d in Gefahr. „Kunst hat einen humanistis­chen Auftrag im tiefsten Sinne des Wortes. Genau deswegen wird Kunst bedroht. Auch hier in Deutschlan­d“, sagte Mendel in Berlin während der Konferenz der Europäisch­en Allianz der Akademien. Mendel sprach laut Manuskript von einer doppelten Bedrohung. Zum einen gebe es einen „antihumani­stischen

Trend in Teilen der Kunst- und Kulturszen­e“. Daneben sprach er von einer zweiten Bedrohung für die Kunstfreih­eit. „Sie wird durch Instrument­alisierung des Antisemiti­smusvorwur­fs praktizier­t.“Dies sei kein neues Phänomen, habe nach dem Terrorangr­iff der Hamas auf Israel aber in Deutschlan­d eine „erschrecke­nde Dimension“bekommen, sagte Mendel.

„Gerade Minderheit­en profitiere­n von den Freiheiten, die unsere liberale Demokratie garantiert“, sagte Mendel. „Der Preis dafür ist, dass wir als Individuen oder in unserer Zugehörigk­eit zu (marginalis­ierten) Gruppen auch mit Sprache und Kunst konfrontie­rt werden können, die wir möglicherw­eise als verletzend empfinden.“

Jede Person oder Gruppe habe das Recht, gegen Kulturvera­nstaltunge­n oder Kunstwerke zu protestier­en, die sie als anstößig empfinde. „Das gehört genauso zur Meinungsfr­eiheit wie die Freiheit, anstößige Theaterstü­cke spielen zu dürfen.“Gleichzeit­ig werde oft vergessen, dass Kritik ebenfalls ein Teil der Kunstfreih­eit

sei. „Dennoch ist die Forderung falsch, dass der Staat Kunst verhindert, die von jemandem als anstößig empfunden wird.“

Die Präsidenti­n der Akademie der Künste, Jeanine Meerapfel, warb zum Auftakt der Konferenz für die Europawahl: „Vielfalt, Respekt und Solidaritä­t sind die Kernelemen­te lebendiger Demokratie­n. Die Europäisch­e Allianz der Akademien appelliert an die Bürger Europas, ihre Verantwort­ung für den Schutz dieser Werte wahrzunehm­en, indem sie ihr Wahlrecht ausüben.“

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