Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Glascontainer-Prozess kann fortgesetzt werden
Mutter hatte ihr Neugeborenes ausgesetzt – Fortführung nach plötzlichem Tod von Gutachter unklar
- Warum hat die 38-jährige Mutter ihr neugeborenes Kind in einem Glascontainer in Langenau (Alb-Donau-Kreis) ausgesetzt? Und in welcher Verfassung befand sich die Frau zum Tatzeitpunkt? Im kürzlich gestarteten Prozess vor dem Ulmer Landgericht gilt es, diese Fragen zu beantworten.
Im Prozess gab es zuvor aber eine unerwartete Wendung: Der psychiatrische Gutachter, der die Angeklagte währenddessen begleiten sollte, ist überraschend verstorben. Seit vergangener Woche war deshalb unklar, ob der Prozess überhaupt hätte fortgeführt werden können. Am Montagnachmittag teilt das Landgericht indes mit: Ein neuer Sachverständiger wurde nun kurzerhand gefunden.
Die Tat im Oktober machte betroffen. Nur mit telefonischer Unterstützung einer Hebamme soll die Angeklagte das Baby zur Welt gebracht haben – ganz allein, denn die dreifache Mutter hatte ihre erneute Schwangerschaft bis zuletzt verheimlicht. Dann soll sie sich entschieden haben, ihr Baby in der kalten Herbstnacht auszusetzen.
Das Kind soll nackt gewesen sein, nur in ein Laken gewickelt. In einem Pizzakarton soll sie den Jungen schließlich im Glascontainer abgelegt haben. Er blieb unverletzt. Das Kind wäre aber erfroren, hätte es ein Passant nicht zufällig entdeckt, zeigte sich der Rechtsmediziner bei seiner Einschätzung sicher.
Die Mutter muss sich wegen versuchten Totschlags verantworten. Doch in welchem Zustand befand sich die Frau, als sie sich mutmaßlich entschied, ihr Kind dem drohenden Kältetod zu überlassen? Welche Beweggründe brachten sie zu dem Entschluss, ihr Kind in einen Altglascontainer zu legen? Schon zum Prozessauftakt fehlte der psychiatrische Gutachter Peter W. krankheitsbedingt. Trotzdem entschied sich das Gericht, den Prozess zunächst ohne ihn zu beginnen. „Wir haben mit der Hoffnung begonnen, dass er bei einem Folgetermin dabei sein kann“, erklärte Corinna Nagel, Verteidigerin der angeklagten Mutter, noch am Montagmorgen auf Nachfrage. Diese Hoffnung hat sich nun zerschlagen, sagte sie betroffen.
Der Gutachter hatte sich im Vorfeld des Prozessauftakts mit der 38-Jährigen zusammengesetzt, um sich einen Eindruck von ihr zu verschaffen – die sogenannte Exploration. Seine Einschätzungen zur Angeklagten wären für den weiteren Prozessverlauf immens wichtig gewesen.
Dem Vernehmen nach erlag der 63-Jährige aber kurz nach Prozessbeginn einer schweren Krankheit.
Nach der überraschenden Todesnachricht wurde der zweite Verhandlungstag am vergangenen Freitag kurzerhand abgesagt. Wie es mit dem laufenden Prozess weitergehen könnte oder ob dieser zu einem späteren Zeitpunkt neu gestartet werden müsse, war deshalb zwischenzeitlich unklar.
Die fehlenden Antworten muss der neue Gutachter nun liefern, wenn er ab 23. April an der Hauptverhandlung teilnehmen wird. An diesem Tag sind zudem 13 Zeugen geladen.
Wenn der Prozess geplatzt wäre, wäre „das auch für meine Mandantin sehr belastend“gewesen, sagte Corinna Nagel noch am Montagmorgen, als noch nicht klar war, dass es mit dem Prozess nun wie geplant weitergehen kann. Vor allem, weil sie dann ihre Aussage vor Gericht wiederholen hätten müsse.
Schon zu Prozessbeginn war die Öffentlichkeit auf Antrag Corinna Nagels hierbei ausgeschlossen worden. Denn die Aussage berühre „intimste Lebensbereiche“der Angeklagten, so die Verteidigerin. Neu aussagen muss die Angeklagte nun wohl nicht.
„Wir haben mit der Hoffnung begonnen, dass er bei einem Folgetermin dabei sein kann“, erklärte Corinna Nagel, Verteidigerin der angeklagten Mutter, noch am Montagmorgen auf Nachfrage.