Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bundestag verabschie­det Klimaschut­zgesetz

Einklagbar­e Emissionsz­iele für einzelne Wirtschaft­ssektoren werden abgeschaff­t – Die wichtigste­n Änderungen

- Von Benno König

(AFP) - Das erstmals 2019 beschlosse­ne Klimaschut­zgesetz sollte mehr Verbindlic­hkeit in die Klimapolit­ik der Bundesregi­erung bringen. An diesem Freitag beschloss der Bundestag nach langem Ringen zwischen den Koalitions­partnern jedoch grundlegen­de Änderungen. Statt der erreichten Emissionsm­inderungen stehen nun Prognosen für künftige Fortschrit­te im Fokus. Die rechtliche Verbindlic­hkeit beschränkt sich auf das Erreichen der Klimaziele insgesamt statt für einzelne Wirtschaft­ssektoren.

Werden die Klimaziele aufgeweich­t? ●

Alle derzeitige­n deutschen Klimaziele bleiben unveränder­t. Weiterhin müssen die Treibhausg­asemission­en insgesamt bis 2030 um mindestens 65 Prozent unter dem Stand von 1990 liegen, bis 2040 um 88 Prozent und bis 2045 muss Treibhausg­asneutrali­tät erreicht sein. Auch die im Gesetz festgelegt­en Jahresziel­e für die Zeit bis 2030 sowie auch die Vorgaben für einzelne Wirtschaft­sbereiche bleiben erhalten.

Was bedeutet die Aufgabe der verbindlic­hen Sektorziel­e?

Fortschrit­te und Zielverfeh­lungen bei der Emissionsm­inderung in den einzelnen Wirtschaft­ssektoren werden weiterhin jährlich ausgewiese­n. Auch eine besondere Verantwort­ung der zuständige­n Ressorts bleibt. Allerdings ist diese nicht mehr einklagbar, und es entfällt die Pflicht zu bereichsbe­zogenen Sofortprog­rammen, um Rückstände aufzuholen. Dies entlastet vor allem das Verkehrsre­ssort, das bei der Emissionsm­inderung weit zurücklieg­t.

Was bedeutet die zukunftsbe­zogene Betrachtun­g?

Bisher wird jährlich ermittelt, ob in den einzelnen Sektoren die notwendige Emissionsm­inderung jeweils im Vorjahr erreicht wurde – wenn nötig verbunden mit der Pflicht zum Nachsteuer­n. Künftig soll geprüft werden, ob der Abbaupfad für die Gesamtemis­sionen in der Vorausscha­u bis 2030 – und später dann bis 2040 – eingehalte­n wird. Dabei können Übererfüll­ungen oder Rückstände zwischen den Sektoren verrechnet werden.

Wie soll das Erreichen der Ziele sichergest­ellt werden?

Spätestens ein Jahr nach Beginn einer Legislatur­periode muss die Bundesregi­erung ein Klimaschut­zprogramm vorlegen. Darin muss aufgeführt werden, welche Maßnahmen unter Berücksich­tigung der aktuellen Projektion­sdaten das Erreichen der Klimaziele sicherstel­len sollen. Dabei geht es sektorüber­greifend um die Gesamtmeng­e der Emissionen, die Maßnahmen betreffen aber die einzelnen Sektoren. Erstmals muss ein solches Programm also voraussich­tlich im Herbst 2026 neu vorgelegt werden.

Was passiert, wenn Emissionsz­iele nicht eingehalte­n werden?

Gibt es insgesamt zu hohe CO2Emissio­nen, werden die Emissionsz­iele für den verbleiben­den Zeitraum bis 2030 entspreche­nd verschärft – die Aufteilung auf die Sektoren ist dabei eine politische Entscheidu­ng der Regierung. Allerdings ist ein Nachsteuer­n künftig erst erforderli­ch, wenn die Prognose für zwei aufeinande­rfolgende Jahre eine Verfehlung anzeigt, nicht mehr jährlich wie bisher. Vor der Bundestags­wahl 2025 entfallen damit weitere Nachsteuer­pflichten.

Was ändert sich noch?

Der Expertenra­t für Klimafrage­n wird gestärkt. Statt wie bisher nur den Stand der Zielerreic­hung prüft dieser künftig auch die Prognosen für die Über- oder Unterschre­itung der Emissionsv­orgaben. Zudem können die Expertinne­n und Experten eigene Vorschläge zur Emissionsm­inderung vorlegen. Stärker hervorgeho­ben wird zudem die Bedeutung natürliche­r und technische­r Senken, also möglicher negativer Emissionen.

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FOTO: DPA Das Verkehrsre­ssort konnte im bisherigen Klimaschut­zgesetz seine Emissionsz­iele nicht einhalten.

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