Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Das Industriegebiet Berg wird erweitert
So begründen Ehinger Gemeinderatsfraktionen ihre Zustimmung zum Bebauungsplan
- Das Industriegebiet in Berg kann erweitert werden. Das hat der Gemeinderat Ehingen am Donnerstag in seiner Sitzung einstimmig beschlossen. Damit steht auch einer Erweiterung des Liebherrwerks nichts mehr im Weg. „Ich denke, das ist ein guter Beschluss für Ehingen“, sagte Oberbürgermeister Alexander Baumann im Gremium. Durch den Entschluss hat ein Verfahren ein Ende gefunden, das vor 893 Tagen mit dem Aufstellungsbeschluss im Gemeinderat begonnen wurde. Noch in der Sitzung hatten sich die Gemeinderatsmitglieder mit einem neuen Gutachten und letzten kleinen Änderungen im Bebauungsplan auseinandergesetzt.
Verschiedene Änderungen von Trägern öffentlicher Belange hatten noch in den Plan eingearbeitet werden müssen, darunter zwei zusätzliche Traffostationen für die Netze BW. Auch eine von der Forstbehörde im zweiten Auslegungsverfahren auf einmal als Wald eingestufte Fläche muss nun ausgeglichen werden. Dazu wird es eine Aufforstung in Ennahofen geben. Auch Kritik und Anregungen aus der Öffentlichkeit wurden noch einmal Punkt für Punkt von Thomas Sippel vom Netzwerk für Planung und Kommunikation durchgesprochen.
Drei Tage vor der Gemeinderatssitzung war außerdem erst das letzte Gutachten eingetroffen. Dabei handelte es sich um ein Gutachten im Rahmen des Bundesklimaschutzgesetzes, das untersucht, wie viele Treibhausgase in dem Gebiet des Bebauungsplans vermutlich entstehen werden. Über 50 Jahre, so das Gutachten, würden hier jährlich zwischen 4000 und 20.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid entstehen. Bei Berücksichtigung der Planungen durch Liebherr könne dieser Ausstoß jedoch um den Faktor vier minimiert werden, sodass der Ausstoß noch bei 2500 bis 5000 Tonnen liege. Wo genau die Grenzwerte liegen würden, könne jedoch nicht genau gesagt werden, hieß es vonseiten des Netzwerks für Planung und Kommunikation. Es gehe nun um einen Abwägungsprozess, sagte OB Baumann. Auch wenn man nicht in
jedem Punkt übereinstimme, müsse nun eine Entscheidung getroffen werden.
Am Schluss zeigten sich alle Parteien zumindest dazu bereit, ihre Zustimmung zum Bebauungsplan zu geben. Hubert Dangelmaier von den Grünen formulierte es so: Die Grünen hätten sich immer darum bemüht, dass die Eingriffe so gering wie möglich seien oder zumindest ein Ausgleich geschaffen werde. Aus der Sicht der Fraktion seien mehrere ihrer Anliegen umgesetzt worden. Dazu zählte er das „hohe Maß an Dachbegrünung“oder die Entwicklung an der Ehrlos. Auch dass Liebherr ein Parkhaus bauen wolle und in der vergangenen Woche mit Sappi eins Vereinbarung zur Abwärmenutzung eingegangen sei, bewertete er außderdem als positiv.
Nichtsdestotrotz: „Viele Flächen werden in der Landwirtschaft fehlen und für immer der Nahrungsproduktion entzogen.“Keine vorgeschriebene FassadenBegrünung und -photovoltaik sowie keine verpflichtende mehrgeschossige Bauweise – diese Punkte seien ebenfalls nicht zufriedenstellend. Dass das nicht möglich sei, hatte zuvor Thomas Sippel erklärt. Das könne allerdings die Stadt in den einzelnen Verträgen mit den neuen Grundstückseigentümern festhalten.
„Das ist dann wohl eine Sache des Vertrauens“, sagte Dangelmaier.
„Wir waren uns von Anfang an relativ klar, dass wir das Unternehmen unterstützen müssen“, sagte Georg Mangold und gab für die SPD-Fraktion die Zusage, dass sie zustimmen werde. Die Absicht der CDU-Fraktion, dem Bebauungsplan zuzustimmen, trug Alfons Köhler im Rat vor. „Hier liegt unsere Zukunft“, erklärte er – es gehe auch um die Zukunft der Kinder. Und es gehe um die Sicherung das Standorts Ehingen, sagte er. Sowohl in der CDU-Fraktion als auch in der Bürgerschaft habe es intensive Diskussionen gegeben. So seien viele verschiedene Sichtweisen durchgegangen und abgewogen worden. Das Konzept der „green factory“, also der grünen Fabrik, passe zur Nachhaltigen Stadt Ehingen. Dass dies auch keine Floskel sei, habe Liebherr zum Beispiel mit dem Wärmekonzept mit Sappi unter Beweis gestellt. „Der Veränderungswille ist da“, bescheinigte Köhler.
Doch auch für die Stadt sei die Entwicklung nicht beendet. Denn nun gehe es um neue Fragen: Wo sollen die Menschen wohnen, wo können ihre Kinder in den Kindergarten und zur Schule gehen. Auch auf die Verkehrsentwicklung müsse die Stadt nun ein Auge haben und hier, wenn nötig, anpassen.
Bei der Frage des Verkehrs sei noch immer akuter Handlungsbedarf, sagte Gemeinderatsmitglied und Bergs Ortsvorsteher Philipp Lämmle, der die Sichtweise des Ortschaftsrats im Gremium einbrachte. „Der Ortschaftsrat Berg stand dem Projekt nie grundsätzlich ablehnend gegenüber“, sagte er. Dass man als betroffene Gemeinde Bedenken äußere, sei normal und wichtig. Auch er bezeichnete die Erweiterung als einen historischen Meilenstein und legte den Gemeinderätinnen und -räten im Auftrag des Ortschaftsrats die Zustimmung ans Herz. „Es tut mir Leid, dass es in der Vergangenheit auch mal zu emotionalen Diskussionen kam“, sagte er.
Nach der Zustimmung durch den Gemeinderat folgt nun die Veröffentlichung des Satzungsbeschlusses des Bebauungsplans und der örtlichen Bauvorschriften. Sollten das wasserrechtliche Verfahren und das Umlegungsverfahren ohne Verzögerungen erfolgen, kann im Oktober dieses Jahres mit der Erschließung begonnen werden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Donnerstag außerdem die Ingenieurleistungen für die Planung und die Bauleitung der Landschaftsbauarbeiten vergeben. Sie gehen für 200.000 Euro an die Firma Rapp und Schmid aus Biberach.