Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ein Ort des Lebens und Sterbens
Das Hospiz Haus Maria in Biberach begleitet Menschen auf ihrem letzten Weg
Im Hospiz Haus Maria gibt es ein Gedenkbuch, in dem alle verstorbenen Gäste verewigt sind. Auch für die Mitarbeiter (von links) Manuela Kösler, Tobias Bär und Martina Haitz ein wichtiger Bestandteil des Abschiednehmens. BIBERACH - Mitten in der Stadt, nicht weit entfernt von der Kirche, steht ein ganz besonderes Haus: das Hospiz Haus Maria. Es ist ein Ort, an dem Menschen sterben. Hier werden viele Tränen vergossen. Es ist aber nicht nur ein Ort des Sterbens, sondern vor allem ein Ort des Lebens: „Wir sind ein Haus, in dem viel gelacht wird“, sagt Einrichtungsleiter Tobias Bär. „Ich würde sogar sagen, das Lachen überwiegt.“
Denn im 20-köpfigen Team vom Haus Maria verfolgen alle dasselbe Ziel: „Es geht darum, unseren Gästen die größtmögliche Lebensqualität zu schenken, ihnen schöne Tage zu bereiten und natürlich versuchen wir durch unsere Kompetenz, ihre Schmerzen zu lindern“, sagt Tobias Bär. „Und das macht uns glücklich.“Es sei natürlich immer traurig, wenn ein Gast nicht mehr da ist. „Aber darüber sind wir uns im Klaren: die Menschen kommen hierher zum Sterben.“Die Supervision der Mitarbeiter sei deshalb ein ganz wichtiges Thema, „denn es gibt immer Menschen, die einem näherstehen als andere“. Mit bestimmten Ritualen nehmen auch die Mitarbeiter würdig Abschied von ihren Gästen. Acht Menschen leben momentan im Haus Maria, alle verfügbaren Zimmer sind somit belegt. Jeder Gast hat sein eigenes Reich, das er sich einrichten kann wie er möchte. Auch seinen Tagesablauf bestimmt jeder selbst. „Das ist uns sehr wichtig, es ist nicht so, dass jeder zu einer festen Zeit frühstücken oder zu Mittag essen muss, wir richten uns individuell nach jedem Gast“, sagt der 35-jährige Einrichtungsleiter. Auch die Besuchszeiten sind flexibel, und ab und zu gibt es auch Angehörige, die über Nacht bleiben.
Patient muss unheilbar sein
Prinzipiell können alle Menschen – unabhängig von Wohnort, Konfession und Nationalität – ins Haus Maria kommen. Es ist allerdings eine ärztliche Verordnung nötig, die besagt, dass der Patient unheilbar krank ist und dessen Zustand sich stetig verschlechtert. Die meisten Menschen kommen mit der Diagnose Krebs ins Hospiz. „Voraussetzung ist natürlich, dass der Mensch zu uns kommen will, es bringt nichts, wenn sich das die Angehörigen wünschen“, sagt Bär.
Das Biberacher Hospiz gibt es seit knapp fünf Jahren. Das Durchschnittsalter der Gäste beträgt 70 Jahre. „Die jüngste Dame, die wir hatten, war 34, die älteste 100“, erzählt Bär. Wie lange die Menschen zu Gast im Haus am Kirchplatz 10 bleiben, ist so unterschiedlich wie das Leben selbst: „Von 20 Minuten bis zu knapp einem Jahr, man kann nie sagen, wann es zu Ende geht.“
Ehrenamtliche sind Bereicherung
Ohne einen Kreis von ehrenamtlichen Helfern, die sich um die Gäste kümmern, würde das Haus Maria nicht so gut funktionieren wie das der Fall ist. „Wir sind wirklich dankbar über diese Unterstützung, das ist ganz wichtig für unsere Gäste“, sagt Bär. Denn er und sein Team kümmern sich eher um die pflegerischen Tätigkeiten. Die Ehrenamtlichen verbringen viel private Zeit mit den Gästen, sind Bezugspersonen, sie gehen mal mit ihnen spazieren oder erfüllen ihnen andere kleine Wünsche. Die nächsten Hospize gibt es in Ulm, Friedrichshafen und ab Januar auch in Ravensburg. Das Ravensburger Hospiz gehört dann wie das Haus Maria ebenfalls zur St.-ElisabethStiftung. Ob für den Landkreis Biberach ein weiteres Hospiz notwendig wäre? Diese Frage kann Tobias Bär klar verneinen: „Unsere acht Zimmer sind ausreichend, zumal auch nicht jeder in ein Hospiz möchte. Wir haben etwa ein Prozent der Sterbefälle.“Außerdem sei das Niveau der Versorgung im Kreis, was das palliative Netz, die Pflegeeinrichtungen und das Krankenhaus angehe, so hoch wie nie: „In den vergangenen Jahren hat sich ein sehr kompetentes Netzwerk entwickelt.“