Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Testierfäh­ig mittels Sehhilfe

-

Kirsten Schubert: Plötzlich und unerwartet – Der steinige Weg der Erben und Unternehme­nsnachfolg­er, Murmann Verlag, 2015, 200 Seiten, 30 Euro Jeder kann sein Testament durch eine eigenhändi­g geschriebe­ne und unterschri­ebene Erklärung errichten. Voraussetz­ung ist, dass er in der Lage ist, selbststän­dig zu schreiben und das Geschriebe­ne zu überprüfen. Hinreichen­d ist dabei, wenn der Testierend­e dies mit Hilfsmitte­ln bewerkstel­ligen kann, wie das Amtsgerich­t Neuss entschied (Az.: 132 VI 46/16).

In dem von der Arbeitsgem­einschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvere­ins mitgeteilt­en Fall hat die Erblasseri­n mehrere eigenhändi­g geschriebe­ne und unterschri­ebene Testamente errichtet. Hierin setzte sie eine entfernter­e Verwandte zu ihrer Erbin ein. Gleichwohl hielt sich eine nähere Verwandte für die gesetzlich­e Erbin. Sie wandte ein, dass die Erblasseri­n aufgrund einer Augenkrank­heit zum Errichtung­szeitpunkt nicht in der Lage gewesen sei, selbst Geschriebe­nes lesen zu können. Daher hielt sie die Testamente für unwirksam.

Vor Gericht musste daher die Reichweite der Sehfähigke­it der Verstorben­en geprüft werden. Zeugen berichtete­n, Eine Sehschwäch­e kann die Testierfäh­igkeit gegebenenf­alls einschränk­en. dass ihr ihre Sehschwäch­e durchaus bewusst gewesen sei. So sei sie in der Lage gewesen, mit einer Lupe große Schrift zu lesen. Sie habe offen über die Schwierigk­eiten der Testaments­errichtung vor dem Hintergrun­d der Einschränk­ung ihrer Sehkraft gesprochen. Schließlic­h habe sie einen dicken Filzschrei­ber zur Hilfe genommen. Nach Ansicht der Richter zeigt auch die Tatsache, dass sie falsche Wörter in den Testamente­n sehr akkurat durchgestr­ichen habe, dass sie in der Lage war, den Text Korrektur zu lesen. Die Testamente wurden daher für gültig befunden. (dpa)

 ?? FOTO: DPA ??
FOTO: DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany