Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Spekulationen über Ende der Ära May
Premierministerin dementiert Zeitungsbericht: Sie will noch lange im Amt bleiben
LONDON (sbo) - War es die Müdigkeit nach einem langem Interkontinentalflug? Oder neue Hoffnung, geschöpft beim Wanderurlaub in der Schweiz? Von Japan aus überraschte Theresa May die Briten: Sie wolle noch lange Premierministerin bleiben und ihre Partei 2022 in die nächste Wahl führen, sagte die 60-Jährige.
Damit reagierte sie auf einen Zeitungsbericht vom Wochenende, wonach sie in zwei Jahren ihre Amtszeit beenden werde. „Völlig aus der Luft gegriffen“, nannte das May. Freilich stimmt ihre langfristige Ambition nicht mit den Zukunftsplänen vieler Tory-Parteifreunde überein. Die waren May im Frühjahr loyal in eine vorgezogene Unterhauswahl gefolgt, mit desaströsem Ergebnis: Statt des erhofften Erdrutschsieges verlor die Partei ihre absolute Mehrheit. Seither gilt die Premierministerin als lahme Ente. Laut der Meldung soll sie bis zum EU-Austritt im März 2019 und einige Monate darüber hinaus im Amt bleiben und dann einem jüngeren Nachfolger Platz machen.
So konkret will man es jedoch in der Öffentlichkeit nicht sagen, weshalb manche Kommentatoren in London Verständnis für May äußerten. Hinter vorgehaltener Hand machten sich viele Parteifreunde am Donnerstag in den Medien aber über die Chefin lustig: Diese leide an „Wahnvorstellungen“, ihre Zukunft liege in der Hand der dezimierten Fraktion.
In der Parteizentrale wird derzeit an einem kritischen Bericht für das Jahrestreffen im Oktober gearbeitet. Zu siegesgewiss und zu unkoordiniert seien die Torys in den Wahlkampf gegangen, heißt es darin. Nur indirekt wird auch das hölzerne Auftreten der Spitzenkandidatin für die verlorene Mehrheit – bei erheblichem Stimmenzugewinn auf 42 Prozent – verantwortlich gemacht. Eines jedenfalls hat May mit ihrer Intervention aus dem Ausland erreicht: Von der zukünftigen Handelsbeziehung mit Japan, dem eigentlichen Grund ihres Besuches, redet in London niemand.