Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Manche fragen: Wie lange bleiben Sie?“
Geschäftsführerin der SRH-Kreiskliniken, Melanie Zeitler-Dauner, über die ersten Monate
SIGMARINGEN - Seit Mai ist Melanie Zeitler-Dauner Geschäftsführerin der drei SRH-Krankenhäuser im Landkreis Sigmaringen. Wie sie sich als Chefin wahrnimmt und was ihre Ziele und Strategien sind, erzählt sie Kreisredakteurin Anna-Lena Buchmaier im Interview.
Frau Zeitler-Dauner, Sie sind ja in einer turbulenten Zeit ins Unternehmen gekommen. Wie wurden Sie aufgenommen?
Ich fühle mich hier sehr wohl und wurde super aufgenommen. Ich habe mittlerweile hier eine Wohnung und wohne nicht mehr in einer Pension, mein Mann wohnt in Altdorf, er arbeitet in Sindelfingen. Wir haben jetzt zwei Orte, die wir unsere Heimat nennen. Die Menschen hier sind offen und direkt, das sagt mir zu. Und nach den anfänglichen Sprachschwierigkeiten – ich komme aus dem Main-Tauber-Kreis – klappt es nun auch mit der Verständigung ohne Dolmetscher (lacht). Zufälligerweise war ich vor Jahren bei einem Ärzteausflug in Sigmaringen und sagte damals schon zu meinem Mann: „Du, die haben hier auch ein Krankenhaus...“
Wie läuft Ihre Einarbeitung?
Ich bin zu Beginn erst mal alle drei Krankenhäuser vom Dach bis zum Keller abgelaufen, habe alle Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), Außenstellen und unsere niedergelassenen Ärzte besucht, um alles kennenzulernen.
Mit dem Umbau liegt nun ein Großprojekt vor Ihnen. Haben Sie da überhaupt noch Einflussmöglichkeiten?
Definitiv, in einem vorgegebenen Rahmen gibt es noch sehr viel Gestaltungsspielraum, auch im Bezug auf die Betriebsorganisation. Das Feintuning kommt ja erst noch. Ich habe freie Hand und kann mich trotzdem auf die drei Gesellschafter, vertreten durch Herrn Kugler, Frau Bürkle und Herrn Stalla, verlassen. Wenn ich eine Frage habe, rufe ich in Heidelberg bei SRH an, das ist das Tolle – das Plankrankenhaus hat sein eigenes Profil und profitiert trotzdem vom Verbund. Ich habe mir auch schon andere SRH-Krankenhäuser angesehen, um von deren ErIch fahrungen zu lernen, zu sehen: was machen die besser, was läuft vielleicht noch nicht optimal?
Wie groß ist der Druck, nach dem schnellen Abgang Ihres Vorgängers, Marcus Polle, zu „liefern“? Alle Augen sind nun auf Sie gerichtet... spüre keinen Druck. Es ist ja auch mein Job und meine Erwartungshaltung, eine Zukunftsperspektive für die drei Häuser zu entwickeln. Ich glaube, es wurde ausgiebig geprüft, wer ins Haus kommen soll. Wenn überhaupt werde ich vermutlich eher von außerhalb, über die Kreisgrenze hinaus, beobachtet.
Wie sehr hat die Interimsphase mit mehrfachem Geschäftsführerwechsel dem Haus geschadet?
Ich glaube nicht, dass es uns geschadet hat, die Gesellschafter haben alles zusammengehalten und die Mitarbeiter haben wie gewohnt weiter ihren Job gemacht. Das Haus hat in dieser Zeit ja auch trotzdem Zertifikate für Qualität erhalten. Man merkt natürlich Unsicherheiten in der Mitarbeiterschaft. Ich habe am Anfang gespürt, dass manche erst mal abwartend waren, das ist verständlich und menschlich. Ich werde immer wieder gefragt: „Wie lange bleiben Sie?“Da erkläre ich dann schmunzelnd, dass ich schon gerne noch bei der Eröffnung des Neubaus da wäre. Spaß beiseite, man weiß natürlich nie, was kommt, aber man muss sich vorher bewusst sein, wenn man so einen Job antritt, dass es sich dabei um nichts Kurzfristiges handelt.
Was für eine Chefin wollen und werden Sie sein?
Fair und stringent. Ich will nicht abwarten, sondern aktiv agieren. Eine klare Linie ist das A und O für ein Unternehmen. Ziel ist es nun, Ruhe und Struktur ins System zu bringen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir brauchen alle ein gemeinsames Ziel: Der Neubau, die EDV-Umstellung, die Restrukturierung und: wir werden die Profile der drei Häuser schärfen. Die Patienten kommen schließlich nicht meinetwegen her.
Wie bringen Sie sich persönlich ein und gestalten die Zukunft der Krankenhäuser im Kreis?
Ich will die medizinische Konzeption und Vernetzung weiter voranbringen und gemeinsam mit allen Playern im Gesundheitswesen innovative Konzepte für die Gesundheitsregion Sigmaringen entwickeln.
Wo sehen Sie die Kliniken in zehn Jahren?
Es werden neue Aufgaben auf die Krankenhäuser zukommen, die ambulanten Bereiche werden aufgrund politischer Vorgaben immer weiter ausgebaut, die stationäre Verweildauer für Patienten wird kürzer, insofern ergeben sich auch neue Schwerpunkte. Wir werden sektorenübergreifender denken müssen, die Patienten wollen nicht mehr von Facharzt zu Facharzt hin- und her überwiesen werden. Wir kooperieren ja jetzt schon eng, beispielsweise durch die MVZ.
Wie stehen die Kliniken im Vergleich zu anderen SRH-Plankrankenhäusern da?
Gut, wir müssen uns nicht verstecken. Natürlich müssen wir weiter gestalten. Mit den onkologischen Zentren spielen wir in der Championsleague.
Mit welchen Strategien locken Sie Personal aufs Land – oder halten Sie das für eine Aufgabe der Politik? Auch, aber nicht nur. Wir haben bereits zwei Programme, um Ärzte schon während des Studiums zu gewinnen oder auf uns aufmerksam zu machen, aber da planen wir auch noch mehr.
Das Wichtigste ist, ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen, in Personalentwicklung zu investieren, Fortbildungsprogramme anzubieten – mit SRH kann man hier viele Möglichkeiten ausschöpfen –, sodass die Mitarbeiter gern hier arbeiten und das nach außen tragen.
Was darf in den nächsten Jahren keinesfalls schief gehen?
Ein bisschen was darf immer schief gehen, das ist menschlich. Aber man sollte eine Lösung parat haben und aus Fehlern lernen.