Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Museumsleiter haucht keltischer Vergangenheit Leben ein
Archäologe Klaus Haller plant Living-History-Veranstaltungen – Aktuelles Beispiel sind die Reiterkrieger am 9. und 10. September
HUNDERSINGEN - Der Archäologe Klaus Haller hat vor zwei Monaten seine Stelle als neuer Leiter des Freilichtmuseums Heuneburg in Hundersingen angetreten. Fortan will er der keltischen Vergangenheit mit Living-History-Veranstaltungen mehr Leben einhauchen.
„Die wissenschaftlich fundierte Darstellung des historischen Alltags unter Verwendung von Nachbauten und historischen Gegenständen“– so definiert Klaus Haller, Museumsleiter der Heuneburg, das Living-History-Konzept. Er selbst kennt sich in der Branche gut aus. Vor seiner Arbeit in Hundersingen war er selbstständig und organisierte mit seiner Eventagentur schon mehrere Veranstaltungen, bei denen den Besuchern authentisch die Lebensweisen früherer Kulturen erklärt, gezeigt und somit Geschichte lebendig gemacht wurde. Durch die neue Marketingstrategie will er nun die Besucherzahlen im Freilichtmuseum erhöhen.
Solche lebendige Geschichtsvermittlung gab es selbstverständlich schon vor Haller auf der Heuneburg. Er ergänzt jedoch das Angebot und vermarktet es anders. Scheinbar wirksam, denn schon beim Keltenfest vor etwa drei Wochen war die Resonanz groß. „Es kamen über 2000 Besucher. Das ist gut für die Heuneburg“, sagt Klaus Haller.
Der Bedarf wächst
„Das Einfache fasziniert“, so Haller über die Wirkung seines Konzepts. „Living History ist publikumswirksam, spannend, erfolgreich. In unserer hochtechnisierten Welt gibt es mehr und mehr Bedarf an solchen Erfahrungen.“Das Freilichtmuseum sei vor allem durch den flächenmäßig großen Platz und die historische Örtlichkeit, einschließlich der rekonstruierten Gebäude, die perfekte Kulisse. Zum Beispiel für die Veranstaltung Reiterkrieger, die am 9. und 10. September zum Tag des offenen Denkmals stattfinden wird.
Passend zur derzeitigen Sonderausstellung zum Unlinger Reiter im Heuneburgmuseum in Hundersingen dürfen Besucher sich dann wie echte Reiterbogenschützen fühlen und selbst Pfeile mit Metallspitzen herstellen oder einfach nur den Keltengruppen zu Pferd auf dem dafür hergerichteten Reitplatz zuschauen. „Der Veranstaltungskalender für nächstes Jahr ist auch schon in Planung. Es wird unter anderem eine Zeitreise geben, bei der Akteure die Geschichte der Region von der Steinzeit bis ins 20. Jahrhundert verbildlichen“, ergänzt Haller.
Zur Living History gehört aber auch das Bespielen der Kulisse während der üblichen Öffnungszeiten. So ist es nicht selten, dass die Besucher einem Goldschmied bei der Arbeit über die Schulter schauen oder der Museumsleiter höchstpersönlich in keltischem Gewand am Schreibtisch sitzt. So bekam beispielsweise das Ehepaar Fuchs aus der Nähe von Schwäbisch Gmünd spontan eine kleine Privatführung. Als sie Klaus Haller nämlich beim Pressetermin mit der „Schwäbischen Zeitung“in voller Montur erspähten, schlossen sich die beiden an.
Der Museumsleiter führte erst über die Anlage und machte dann in der Schmiede, einem der nachgebauten Gebäude im Freilichtmuseum, allein
mit Zunder, Stroh und einem Blasebalg aus Ziegenhäuten für sein Publikum ein kleines Feuer. „Gestern besuchten wir das Federseemuseum und wir wollen später auch noch ins Heuneburgmuseum. Wir sind sehr interessiert an früheren Zeiten“, so das begeisterte Ehepaar.
Reaktionen der Besucher
Vor allem die Reaktionen der Besucher auf seine Erscheinung amüsieren Klaus Haller immer wieder. Von „Mama, ist der arm?“über „Ich würde
gerne mit der Museumsleitung sprechen“bis hin zu „Müssen sie hier Sozialstunden ableisten?“, sei schon alles dabei gewesen.
Haller wolle seine Arbeit jedoch klar zur Fantasiewelt der Mittelaltermärkte abgrenzen. Der größte Anspruch an sein Konzept der lebendigen Geschichtsvermittlung sei laut Haller abschließend folgender: „Ich will nicht in eine erfundene Rolle schlüpfen, sondern den Leuten einfach zeigen, wie es damals wirklich war.“