Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Schrottwagen statt Schnäppchen?
Wer einen günstigen Gebrauchten sucht, sollte unseriöse Angebote erkennen und umkurven
Ein richtiges Schnäppchen machen möchte wohl jeder gerne beim Autokauf. Doch vor allem wenn der Preis verlockend niedrig ausfällt, ist der Betrug oft nicht weit. Vor allem bei Auslandsangeboten sollten Käufer vorsichtig sein.
Tolle Ausstattung, wenige Kilometer und nur ein Vorbesitzer. Der Preis stimmt. Alles sieht nach einem günstigen Angebot aus. Allerdings: Bislang gibt es das Auto nur auf Fotos im Internet. Und via E-Mail hat der Verkäufer geantwortet, das Auto stehe noch bei seinen Großeltern im Ausland. Eine Anzahlung für die Überführung des Fahrzeugs nach Deutschland jedoch soll bitte schon geleistet werden. „Spätestens an der Stelle sollten beim Käufer alle Alarmglocken schrillen“, sagt Silvia Schattenkirchner von der Initiative „Sicherer Autokauf im Internet“. Dahinter stehen die beiden Verkaufsplattformen Autoscout24 und mobile.de sowie der ADAC und die Polizeiliche Kriminalprävention. Speziell die Masche über Anzahlungen via Überweisungsdienste wie Western Union oder Moneygram sei eine gängige Betrugsmethode im Netz, die es auch nicht nur beim Autokauf gebe. „Oftmals wird die Anzahlung durch eine Familiengeschichte begründet und auch sehr glaubhaft vermittelt“, sagt Schattenkirchner.
Wenn erst einmal bezahlt ist, werde die Ware niemals geliefert und der Käufer mit fadenscheinigen Gründen hingehalten. Schattenkirchner warnt eindringlich davor, eine Anzahlung zu leisten. „Die Kombination aus extrem günstigem Preis und Ausland ist immer schon verdächtig“, sagt Schattenkirchner. Und letztlich sollte man ein Auto vor dem Kauf Probe gefahren haben.
Zwielichtige Anbieter im Netz
Die Anonymität des Internets sorge dafür, dass sich auch zwielichtige Anbieter neben seriösen präsentierten. Deshalb sollten Kunden darauf achten, dass ein Angebot authentische Bilder und auch einen realistischen Preis beinhaltet. „Keiner verschenkt freiwillig Geld“, sagt Schattenkirchner. Auch spezielle Lockvogelangebote gehören auf Fahrzeugbörsen im Internet zum Alltag. „Ein Neufahrzeug wird sehr günstig angeboten, ist bei der Kontaktaufnahme aber gerade verkauft worden“, sagt Ulrich Köster vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). „Oft wird dann versucht, dem interessierten Kunden ein wesentlich teureres Fahrzeug zu verkaufen.“Mit dem besonders günstigen Preis erreichen die Anbieter auch ein hohes Ranking in den Suchergebnissen der Autobörsen.
Doch nicht nur im Internet, auch bei Fahrzeugangeboten auf der Straße kann es zu Betrügereien kommen. „Ein anderes Problem sind Unfallfahrzeuge“, sagt Köster. So komme es immer wieder vor, dass Totalschäden beispielsweise aus Überschwemmungsgebieten in den USA in Osteuropa günstig repariert würden, um sie dann in Deutschland anzubieten. „Die Historie des Fahrzeugs wird dann verschwiegen.“
Erscheint ein US-Import verdächtig, kann über die Fahrgestellnummer, auch Vehicle Identification Number (VIN) genannt, festgestellt werden, was ein Auto schon alles „erlebt“hat. Laut der Initiative „Sicherer Autokauf im Internet“können über Onlineportale wie Carfax anhand dieser Nummer, die für das Auto wie ein Fingerabdruck ist, zum Beispiel Informationen zur Fahrzeughistorie oder auch Bilder abgerufen werden.
Historie hinterfragen
Aber die Historie ist grundsätzlich aufschlussreich und sollte immer Bestandteil eines Autokaufs sein, sagt Gunnar Beer vom Auto Club Europa (ACE). „Je weniger Unterlagen der Verkäufer hat, umso misstrauischer sollte man sein.“Auch den Kilometerstand sollten Käufer kritisch betrachten und hinterfragen, wenn er nicht zum Alter und der Fahrzeughistorie passt. „Vor allem bei Autos mit digitalen Kilometerzählern ist die Laufleistung leicht zu manipulieren“, sagt Beer. Eine Rechtfertigung für einen besonders niedrigen Kilometerstand könnten Unterlagen wie Rechnungen oder das Serviceheft liefern. Zudem kann sich der Autokäufer auch rückversichern, dass alles mit rechten Dingen zugeht.
Daten und Angaben prüfen
Grundsätzlich sollten Autokäufer immer überprüfen, ob die in einer Anzeige gemachten Daten mit dem tatsächlichen Auto auch übereinstimmen. Dies fange bei der Farbe an und höre bei der Ausstattung auf. Ein schlechter Berater beim Autokauf sei zudem Zeitdruck, so Beer. „Der Zwang, sich schnell entscheiden zu müssen, lässt in der Regel keine Zeit, Fahrzeug und Unterlagen in Ruhe zu prüfen. Darauf bauen Betrüger.“
Sieht ein Auto nach genau dem Angebot aus, wonach lange gesucht wurde, sollten Autokäufer trotzdem nicht vorschnell zusagen. „Auch ein „Ja“am Telefon oder per Mail ist schon eine verbindliche Zusage und kommt einem Kaufvertrag gleich – daraus versuchen manche Betrüger später Schadenersatzansprüche herzuleiten“, so die ADAC-Juristin Schattenkirchner. „Wir raten dazu, erst dann einen Kaufvertrag zu unterschrieben, wenn das Fahrzeug gesehen wurde.“Wenn ein Kunde hierzu anreisen muss, sollte er sich schriftlich bestätigen lassen, dass der Wagen auch zur verabredeten Zeit am verabredeten Ort begutachtet werden kann. Das für Internetgeschäfte übliche Rücktrittsrecht von einem Kauf gelte auch nur bei Geschäften mit einem Händler. „Für Privatverkäufe gibt es das nicht.“
Sind sich Käufer und Verkäufer einig, rät der ACE dazu, Bargeld nie ohne einen Zeugen zu übergeben. „Grundsätzlich lautet die Devise: Geld erst gegen Ware“, sagt Beer. Gerade bei größeren Summen sei es zudem sicherer, sich nicht auf irgendwelchen Parkplätzen zu treffen, sondern das Geld in einer Bankfiliale oder auch der Zulassungsstelle zu übergeben.
Wer beim Autokauf auf der sicheren Seite sein will, sollte auf Betriebe mit dem blau-weißen Meisterschild der Kfz-Innung achten, rät der ZDK. „Diese Betriebe nehmen auch an dem für Verbraucher kostenlosen Schiedsverfahren teil und unterwerfen sich auch in einem Streitfall dem Schiedsspruch der Schiedsstelle“, sagt Köster.