Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Knorr-Bremse gibt Haldex-Deal auf und prüft Börsengang
Bremsenhersteller beklagt fehlende Unterstützung des Managements der Schweden – ZF Friedrichshafen hält still
RAVENSBURG - Die Nachricht kommt nicht überraschend: Nach einjährigem Tauziehen gibt der Bremsenhersteller Knorr-Bremse seine Übernahmepläne für den schwedischen Wettbewerber Haldex auf. Haldex verweigere die erforderliche Zusammenarbeit im Kartellfreigabeverfahren, begründete KnorrBremse am Dienstag in München den Schritt. „Unser Ansatz war stets eine freundliche Übernahme. All unsere Bemühungen, auf Haldex zuzugehen, wurden zurückgewiesen“, erklärte Knorr-Chef Klaus Deller. „Wir werden nun andere Alternativen verfolgen.“
In diesem Zusammenhang spielt das Familienunternehmen dem „Handelsblatt“zufolge auch einen Börsengang durch. „Wir prüfen verschiedene Optionen zur zukünftigen Ausrichtung der Knorr-Bremse AG“, sagte Eigentümer Heinz Hermann Thiele. Die Möglichkeit eines Börsenganges werde vorrangig geprüft. „Wir befassen uns sehr intensiv mit dem Thema“, so Thiele. Der Gang auf das Parkett wäre schon im kommenden Jahr möglich. Auch bei einem Börsengang solle die Mehrheit an dem Münchener Zulieferer aber bei der Familie bleiben.
Mit den Mitteln eines Börsenganges könnte Thiele weiter die Rolle des Angreifers in der Branche spielen, berichtete das „Handelsblatt“: Investmentbanker schätzten, dass Thiele vier Milliarden Euro einnehmen könnte, ohne die Kontrollmehrheit über den Konzern mit fast 25 000 Mitarbeitern abgeben zu müssen.
Enttäuschung über Haldex
Keinen Hehl machten die Münchener aus ihrer Enttäuschung über den geplatzten Haldex-Deal. Die Führungsriege der Schweden ließ Knorr-Bremse zuletzt immer wieder auflaufen. Nach anfänglicher Unterstützung für die Übernahme hatte das Management der Schweden diese im Sommer zurückgezogen. Zuletzt hatte sich die schwedische Börsenaufsicht geweigert, die Annahmefrist für das Übernahmeangebot erneut zu verlängern. Knorr-Bremse fehlte dadurch die Zeit, die erforderlichen kartellrechtlichen Freigaben rechtzeitig einzuholen.
Knorr-Bremse wollte mit Haldex einen breiter aufgestellten Zulieferer für die Nutzfahrzeugindustrie schmieden. Dazu hatten die Münchener im Herbst 2016 mit ihrem Angebot den Autozulieferer ZF Friedrichshafen ausgestochen, der knapp ein Fünftel an Haldex besitzt. KnorrBremse wollte 125 schwedische Kronen je Aktie oder umgerechnet insgesamt rund 582 Millionen Euro für die Schweden bezahlen und war dafür mit rund 15 Prozent bei Haldex eingestiegen.
Für Haldex ergibt sich mit dem Scheitern der Übernahme eine eigenartige Eigentümerstruktur: Mit ZF Friedrichshafen und KnorrBremse bleiben gleich zwei Wettbewerber als Großaktionäre an Bord. ZF hätte mit seinen Anteilen im Falle eines erfolgreichen Übernahmeangebots einen Gewinn einstreichen können, die Friedrichshafener hatten ihre Haldex-Aktien deutlich unter dem Preis des Knorr-Bremse-Angebots erworben.
Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“teilte der Konzern vom Bodensee mit, dass sich die Situation für ZF nicht geändert habe. „Wir haben die Entwicklungen bei Haldex zur Kenntnis genommen. Im Moment haben wir keinen Grund erneut ein Angebot für Haldex abzugeben“, sagte ein Sprecher.