Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Gefühlvolle Musik begeistert Publikum und Komponisten
Junge Philharmonie Oberschwaben startet in zehnte Konzertsaison – Erfolgreiche Uraufführung
BAD SAULGAU - Bei der Premiere ihrer diesjährigen Konzertsaison in Bad Saulgau hat die Junge Philharmonie Oberschwaben unter ihrem Dirigenten Alban Beikircher wahre Begeisterungsstürme ausgelöst. Mit grandioser Landschaftsmalerei, einer Uraufführung aus der Feder des Komponisten Wilfried Hiller und zwei Beinahe-Nationalhymnen bewies das Jugendorchester ein Leistungssniveau mit profihaften Zügen.
Romantik war Trumpf beim Jubiläumskonzert der etwa siebzig jungen Instrumentalisten, die sich nicht nur in dieser Musikepoche hervorragend beheimatet fühlten. Am Beginn stand die Konzertouvertüre „Die Hebriden“von Mendelssohn-Bartholdy, in welcher der Komponist seine Eindrücke von einem Besuch der schottischen Inselgruppe wiedergab. Die Musiker, angeführt von Bratschen, Celli und Fagotten, zeichneten mit wechselnder Dynamik den Wellengang des Atlantiks nach, bei dem sich auch das Tonvolumen entsprechend hob und senkte. Klar erkennbar: das Peitschen der Brecher, angetrieben vom Pfeifen des Windes, dem die Oboe Ausdruck verlieh. Flirrende Violinstriche verwiesen auf stilleres Wasser, während die Blechbläser das schroffe Felsgestein umschrieben.
Auch im nachfolgenden Stück „Die Toteninsel“von Sergej Rachmaninow, zu dem die Geigerin Anastasia Stark eine kurze Einführung gab, war die Wellenbewegung ein durchgängiges Motiv. Der Komponist ließ sich zu diesem Tongemälde von einem Bild Arnold Böcklins inspirieren, wobei er seiner Angst vor dem Tod auf vielfältige Weise Ausdruck verlieh. Der düstere unheimliche Charakter des Stücks wurde schon am Beginn spürbar durch ein Rumoren der Celli und Bässe, überlagert durch Seufzermomente zarter Violinstimmen. Knarzende Dissonanzen wechselten mit lichten Tonsequenzen, begleitet von einem bedrohlichen Grummeln der Pauke. Blechbläserfanfaren signalisierten das Jüngste Gericht, Streicher bäumten sich auf, das Gesamtorchester steigerte sich zu einem wilden Brodeln im Kampf gegen den Tod.
Zur Uraufführung seiner Komposition „Engel mit gebundenen Händen“war Wilfried Hiller gemeinsam mit der Bildhauerin Antje Tesche-Mentzen nach Bad Saulgau gekommen. Die Künstlerin hatte mit ihrer Skulptur die Idee zu Hillers Stück geliefert und zeigte sich überwältigt vom Spiel der Jungen Philharmoniker. Dass das Schicksal ihres Engels in Musik gefasst würde, gespielt von einem „bezaubernden Orchester“, sei für sie ein wahres Geschenk. Auch Hiller war voll des Lobs über die Leistung der Musiker und ihres Dirigenten, der als Geigenspezialist sogar die bravourös intonierten Gesangsteile des Stücks einstudiert hatte. Tatsächlich schwang sich das Ensemble mit seinen Solisten, allen voran der ersten Geigerin Chiara Stadler sowie Moritz Schark an der Pauke, bei der Uraufführung zu einem weiteren Höhenflug auf. Die Musiker gestalteten die Befreiung des Engels aus den Fesseln der Verzweiflung mit so viel Dramatik, dass das Publikum in tosende Begeisterung ausbrach.
Hymnisches zum Schluss
Den Konzertschluss markierten zwei Werke, die zu heimlichen Nationalhymnen ihrer Länder wurden. „Finlandia“von Jean Sibelius ist das letzte Stück einer sechsteiligen Tondichtung, die Elemente aus Sage und Geschichte Finnlands enthält. Die Interpretation des Orchesters spiegelte sowohl den besonderen Klang der nordischen Musik als auch die Heimatverbundenheit des Komponisten wieder. Mit Edward Elgars Marsch „Land of Hope and Glory“, den sich Eward VII für seine Krönungsfeierlichkeiten gewünscht hatte, entführten die Musiker ihre Zuhörer ins Jahr 1902. Mit dem umjubelten Konzert hatte sich die Junge Philharmonie Oberschwaben selbst ein wunderschönes Geburtstagsgeschenk gemacht. Vom Vorsitzenden des Fördervereins, Frank Müller, gab es darüber hinaus noch eine Tasche für jedes Ensemblemitglied, in dem sich Notenblätter sicher verstauen ließen.