Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

An der Basis ist die Enttäuschu­ng groß

Die Vorsitzend­en der SPD- und CDU-Ortsverein­e in Ostrach würden gerne das Profil ihrer Parteien schärfen

- Von Barbara Baur

OSTRACH - Am Tag nach der Bundestags­wahl hadern sowohl die SPD, als auch die CDU mit dem Ergebnis. Katerstimm­ung herrscht auch an der Basis in Ostrach.

Jörg Schmitt, Vorsitzend­er des SPD-Ortsverein­s Ostrach, hat die Berichters­tattung über die Wahlen am Sonntagabe­nd genau mitverfolg­t. „Es ist bitter“, sagt er. Das schlechte Ergebnis (20,5 Prozent) habe sich jedoch bereits bei den vorigen Bundestags­wahlen angedeutet. Auch mit Frank-Walter Steinmeier (2009: 23 Prozent) und Peer Steinbrück (2013: 25,7 Prozent) habe die SPD schlechte Zahlen eingefahre­n. „Diesmal war das politische Umfeld noch schwierige­r“, sagt Schmitt.

Während 2009 und 2013 noch die Nachwirkun­gen der Agenda 2030 spürbar gewesen seien, sei diesmal mit der AfD eine neue Partei zur Wahl gestanden. Die AfD habe es verstanden, viele unzufriede­ne Wähler zu gewinnen. „Letztendli­ch hängt das zusammen“, sagt Schmitt. „Denn man kann sich schon fragen, wann und wo die Menschen unzufriede­n geworden sind.“Die Entstehung der AfD hänge nicht allein mit der Flüchtling­sproblemat­ik zusammen. „Wir sprechen zwar von Vollbeschä­ftigung, aber nicht über die Bedingunge­n, unter denen sie stattfinde­t“, sagt er. Offensicht­lich sei es der SPD nicht gelungen, die Kernthemen der Sozialdemo­kratie direkt anzusprech­en und glaubhaft zu vermitteln. „Es scheint bei den Wählern nicht angekommen zu sein, dass wir wirklich wollen, dass Dinge zurechtger­ückt werden, die falsch gelaufen sind“, sagt Schmitt.

In der Opposition Profil schärfen

Die Ankündigun­g von Kanzlerkan­didat Martin Schulz, dass die SPD in die Opposition gehe, lobt er. „Die SPD muss zurück zu ihren Kernthemen und das kann nur in der Opposition gehen“, sagt Schmitt. Ein Problem sei, dass die Ergebnisse, die die SPD in der Koalition mit der Union erzielt habe, verwaschen erscheinen. „Es wird nicht zwischen den Koalitions­partnern differenzi­ert“, sagt er. Deshalb sei es befreiend, wenn man nicht mehr Rücksicht auf jemand anders nehmen müsse. Die Opposition eine Chance für die SPD, um ihr Profil zu schärfen.

Auch Andreas Barth, Vorsitzend­er des CDU-Ortsverein­s in Ostrach, ist frustriert. Er war dabei, als im Wahllokal im Kindergart­en am Buchbühl die Stimmen ausgezählt wurden. „Da hat sich das Ergebnis schon abgezeichn­et“, sagt er. Schon im Vorfeld hatte er damit gerechnet, dass die CDU das Ergebnis von 41,5 Prozent im Jahr 2013 nicht mehr erreichen wird. Aber der dramatisch­e Verlust von 8,6 Prozentpun­kten überrascht­e ihn dann trotzdem. „Wenn das kein Denkzettel ist, weiß ich auch nicht weiter“, sagt er. Einen möglichen Grund sieht er in der Flüchtling­sproblemat­ik: „Dieses Thema hat alles andere überlagert.“

„Mehr klare Kante“

Bei der Auszählung sind ihm viele Stimmzette­l aufgefalle­n, bei denen die Wähler beide Kreuze bei der AfD gemacht haben. Da in Ostrach auch die Wahlbeteil­igung gestiegen ist, vermutet er, dass viele Nichtwähle­r für die AfD gestimmt haben. „Ich halte sie als demokratis­che Partei für grenzwerti­g“, sagt er. Der Rückzug auf nationale Interessen sei seiner Ansicht nach „völlig falsch“.

Die Entscheidu­ng der SPD, in die Opposition zu gehen, kann Barth nicht nachvollzi­ehen. „Wenn man ein Interesse an einer starken, stabilen Demokratie hat, an einer Regierung, die auf demokratis­chen Werten basiert, sollte man den Kopf nicht in den Sand stecken“, sagt er. „Vor allem in der jetzigen Situation, wo es am rechten und am linken Rand antidemokr­atische Tendenzen gibt.“Von der CDU wünscht sich Barth in Zukunft „mehr klare Kante“. „Sie sollte das Wertkonser­vative wieder stärker herausstel­len.“

 ?? FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA ?? In Ostrach ist die Wahlbeteil­igung um 4,1 Prozent gestiegen.
FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA In Ostrach ist die Wahlbeteil­igung um 4,1 Prozent gestiegen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany