Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
An der Basis ist die Enttäuschung groß
Die Vorsitzenden der SPD- und CDU-Ortsvereine in Ostrach würden gerne das Profil ihrer Parteien schärfen
OSTRACH - Am Tag nach der Bundestagswahl hadern sowohl die SPD, als auch die CDU mit dem Ergebnis. Katerstimmung herrscht auch an der Basis in Ostrach.
Jörg Schmitt, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Ostrach, hat die Berichterstattung über die Wahlen am Sonntagabend genau mitverfolgt. „Es ist bitter“, sagt er. Das schlechte Ergebnis (20,5 Prozent) habe sich jedoch bereits bei den vorigen Bundestagswahlen angedeutet. Auch mit Frank-Walter Steinmeier (2009: 23 Prozent) und Peer Steinbrück (2013: 25,7 Prozent) habe die SPD schlechte Zahlen eingefahren. „Diesmal war das politische Umfeld noch schwieriger“, sagt Schmitt.
Während 2009 und 2013 noch die Nachwirkungen der Agenda 2030 spürbar gewesen seien, sei diesmal mit der AfD eine neue Partei zur Wahl gestanden. Die AfD habe es verstanden, viele unzufriedene Wähler zu gewinnen. „Letztendlich hängt das zusammen“, sagt Schmitt. „Denn man kann sich schon fragen, wann und wo die Menschen unzufrieden geworden sind.“Die Entstehung der AfD hänge nicht allein mit der Flüchtlingsproblematik zusammen. „Wir sprechen zwar von Vollbeschäftigung, aber nicht über die Bedingungen, unter denen sie stattfindet“, sagt er. Offensichtlich sei es der SPD nicht gelungen, die Kernthemen der Sozialdemokratie direkt anzusprechen und glaubhaft zu vermitteln. „Es scheint bei den Wählern nicht angekommen zu sein, dass wir wirklich wollen, dass Dinge zurechtgerückt werden, die falsch gelaufen sind“, sagt Schmitt.
In der Opposition Profil schärfen
Die Ankündigung von Kanzlerkandidat Martin Schulz, dass die SPD in die Opposition gehe, lobt er. „Die SPD muss zurück zu ihren Kernthemen und das kann nur in der Opposition gehen“, sagt Schmitt. Ein Problem sei, dass die Ergebnisse, die die SPD in der Koalition mit der Union erzielt habe, verwaschen erscheinen. „Es wird nicht zwischen den Koalitionspartnern differenziert“, sagt er. Deshalb sei es befreiend, wenn man nicht mehr Rücksicht auf jemand anders nehmen müsse. Die Opposition eine Chance für die SPD, um ihr Profil zu schärfen.
Auch Andreas Barth, Vorsitzender des CDU-Ortsvereins in Ostrach, ist frustriert. Er war dabei, als im Wahllokal im Kindergarten am Buchbühl die Stimmen ausgezählt wurden. „Da hat sich das Ergebnis schon abgezeichnet“, sagt er. Schon im Vorfeld hatte er damit gerechnet, dass die CDU das Ergebnis von 41,5 Prozent im Jahr 2013 nicht mehr erreichen wird. Aber der dramatische Verlust von 8,6 Prozentpunkten überraschte ihn dann trotzdem. „Wenn das kein Denkzettel ist, weiß ich auch nicht weiter“, sagt er. Einen möglichen Grund sieht er in der Flüchtlingsproblematik: „Dieses Thema hat alles andere überlagert.“
„Mehr klare Kante“
Bei der Auszählung sind ihm viele Stimmzettel aufgefallen, bei denen die Wähler beide Kreuze bei der AfD gemacht haben. Da in Ostrach auch die Wahlbeteiligung gestiegen ist, vermutet er, dass viele Nichtwähler für die AfD gestimmt haben. „Ich halte sie als demokratische Partei für grenzwertig“, sagt er. Der Rückzug auf nationale Interessen sei seiner Ansicht nach „völlig falsch“.
Die Entscheidung der SPD, in die Opposition zu gehen, kann Barth nicht nachvollziehen. „Wenn man ein Interesse an einer starken, stabilen Demokratie hat, an einer Regierung, die auf demokratischen Werten basiert, sollte man den Kopf nicht in den Sand stecken“, sagt er. „Vor allem in der jetzigen Situation, wo es am rechten und am linken Rand antidemokratische Tendenzen gibt.“Von der CDU wünscht sich Barth in Zukunft „mehr klare Kante“. „Sie sollte das Wertkonservative wieder stärker herausstellen.“