Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die Zeichen stehen auf Sturm
Der BVB glänzt vor dem Spiel gegen Real Madrid im Angriff, wackelt aber in der Abwehr
DORTMUND (SID/falx) - In der Liga zelebriert Borussia Dortmund derzeit ein furioses Offensivspiel in Reinkultur. Doch die Truppe von Trainer Peter Bosz könnte es da auch ruhiger angehen lassen und sich ganz auf die Königsklasse und das Schlagerspiel am Dienstag gegen Real Madrid (20.45 Uhr/Sky) konzentrieren. Denn Meister werden sie sowieso. Glaubt man einer kuriosen Statistik, kann der Tabellenführer schon die Titelfeier planen. Die Rechnung ist dabei ganz einfach: Immer, wenn der BVB zwei Jahre hintereinander Meister wurde, folgte sechs Jahre später der nächste Titel. So durften die Schwarz-Gelben erstmals 1956 und 1957 die Meisterschale entgegennehmen – und 1963 erneut. Den Triumphen 1995 und 1996 folgte die Deutsche Meisterschaft 2002. Da die Borussia zuletzt 2011 und 2012 in der Bundesliga-Tabelle ganz oben stand, müsste nach dieser Rechnung auch nach dieser Saison der Titel herausspringen. Grund genug also, um gerade jetzt beim wankendem spanischen Giganten und Titelverteidiger die offensive Brillanz auszupacken.
Doch der Druck für den defensiv anfälligen BVB ist nach dem Fehlstart in die Champions League bereits enorm. Es gibt einige Mahner. „Wir wissen, dass es wirklich eine Mammutaufgabe wird“, warnte Mario Götze. Grund hierfür ist auch die nicht gerade am sichersten stehende Abwehrreihe der Welt. Denn all die Kantersiege und Traumtore täuschen etwas über das kleine Problem hinweg, das sich in den vergangenen Wochen bereits einige Male zeigte – die konteranfällige Defensive. Sportdirektor Michael Zorc forderte daher nicht zu Unrecht viel mehr Konzentration in der auch beim 6:1 gegen Borussia Mönchengladbach wackligen Abwehr: „Madrid wird unsere Fehler ganz anders bestrafen. Und natürlich können wir die Tabelle lesen“– gemeint ist die der Champions League.
Bloß nicht verlieren: Das 1:3 bei Tottenham Hotspur vom 1. Spieltag ist eine Hypothek, die schmerzt. BVB-Trainer Peter Bosz, dessen Spielidee voll auf Sturmlauf basiert – hofft, dass sich im Dortmunder Stadion Magie entfaltet. „Die Champions League ist eigentlich einfach. Du musst deine Heimspiele gewinnen, dann hast du eine gute Chance“, sagte der Niederländer optimistisch.
Wie viel Liga-Euphorie, wie viel rauschhaften Angriffswirbel der Bundesliga-Tabellenführer in das Spiel gegen den abgezockten Titelverteidiger tragen sollte, ist die Frage.
„Man kann gegen Real auch mal verlieren. Das soll es gegeben haben.“Michael Zorc
Nach der Niederlage in London war Bosz jedenfalls ziemlich ernüchtert: „Wenn man so spielt, sind die Räume hinter der Verteidigung riesengroß. Das haben wir nicht gut gemacht. Bei den Gegentoren waren wir zu lieb.“
Wählt Schwarz-Gelb dennoch wieder den Angriff? „Du brauchst gegen Madrid viel Selbstbewusstsein“, betonte Zorc, „und das können wir haben nach den vergangenen Wochen.“Momentan löst der BVB in der Bundesliga sämtliche Fesseln und lässt die Euphorie auch zu. Tabellenführung, Traumtore, der beste Bundesligastart der Vereinsgeschichte, Tordifferenz +18 – Zorc nannte das „überragend“. In der Champions League muss die Borussia jedoch möglicherweise zurückhaltender sein, um von Weltstars wie Cristiano Ronaldo nicht abgekocht zu werden.
Allerdings spielen die Königlichen derzeit nicht sonderlich fürstlich. In der Primera División liegen sie bereits sieben Punkte hinter dem FC Barcelona, am Wochenende gewannen sie äußerst mühsam 2:1 beim Letzten Deportivo Alavés, der sein erstes Saisontor erzielte und noch zweimal den Pfosten traf.
Toni Kroos wurde von Trainer Zinédine Zidane wegen Rippenbeschwerden geschont, der deutsche Spielgestalter stieg aber am Montag in den Real-Flieger und wird wohl spielen können. Der Schiedsrichter könnte ein gutes Omen für den BVB sein: Björn Kuipers leitete auch das Halbfinal-Hinspiel 2013, in dem der BVB Real mit 4:1 abschoss. Im Offensiv-Modus, wohlgemerkt.
Die vergangenen Jahre geben ohnehin Anlass zur Hoffnung. In der Vorsaison schloss der (gegen Madrid zu Hause ungeschlagene) BVB seine Gruppe als Sieger ab – vor Real. Beide Duelle endeten 2:2.
Zudem, betont Zorc, sei ein Sieg keine Pflicht: „Man kann gegen Real auch mal verlieren. Das soll es gegeben haben. Es ist ja erst ein Spieltag gespielt.“
Voraussichtliche Aufstellungen: Dortmund: Bürki - Piszczek, Sokratis, Bartra, Toljan - Dahoud, Sahin, Götze - Jarmolenko, Aubameyang, Philipp. – Madrid: Navas - Carvajal, Varane, Ramos, Nacho Casemiro - Modric, Kroos, Isco Bale, Ronaldo.