Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Reflexartig dagegen
Zum Artikel „Datenschützer kritisiert Anti-Terror-Paket“(9.10.):
Immer das gleiche Muster: die Datenschützer sind reflexartig dagegen, haben Bedenken, zweifeln an der Wirksamkeit, sobald irgendwelche neuen Vorschläge zur Verbrechensund Terrorbekämpfung auf den Tisch kommen. Sie wissen grundsätzlich, was nicht geht. Mit der Forderung, im Vornherein Beweise über die Wirksamkeit zu verlangen, kann jedes Vorhaben blockiert werden. In diesem Artikel kritisiert Herr Brink die Kosten für das Maßnahmenpaket gegen Terror. Wie wäre es, wenn einmal das Kosten-/Nutzenverhältnis der Datenschutzbeamten geprüft wird? Ein hochrangiger ehemaliger Datenschützer hat in einem Radiointerview verlautet, „dass er heute noch stolz darauf sei, damals eine zentrale Fingerabdruckdatei in Deutschland verhindert zu haben“. Da frage ich mich, ja wo leben wir denn? Ich möchte hier gar nicht das Thema Täterschutz und Opferschutz in den Vordergrund stellen.
Wie wäre es aber, wenn ausnahmsweise einmal ein konstruktiver Vorschlag von Seiten der Datenschützer käme? Meines Wissens noch selten oder nie vorgekommen. Oder fühlen sich die Datenschützer wie Literaturkritiker, die selber noch nie ein Buch geschrieben haben?
Oder die Gegenfrage: Vielleicht sollten die Datenschützer von ihrer Seite aus mal Beweise liefern, dass die Wirksamkeit wirklich nicht vorhanden ist. Das ist wohl weitaus schwieriger, als Kritik zu üben, ohne jegliche Verantwortung für die Folgen übernehmen zu müssen. Wilfried King, Ochsenhausen Polizisten sollen künftig auch Chatnachrichten bei WhatsApp mitlesen dürfen – das ruft Datenschützer auf den Plan.
Die Geister werden sie nicht los
Zum Kommentar „Nicht sexy, aber volksnah“von Sabine Lennartz (9.10.): Die zehn Gebote der CSU, die in der „Bild am Sonntag“abgedruckt sind, sind wirres, politisches Zeug. Der längst überholte Ansatz des Neoliberalismus aus dem letzten Jahrhundert ging daneben, die auch von den Medien geförderte AfD füllte sich mit anderen Gesinnungsgenossen als geplant. Nun wird das Konzept des Ordoliberalismus hervorgezogen, weil Freiheit gleichzeitig Angst machen muss. Nachdem es keine „linke“Mehrheit mehr gäbe dank der AfD, ist die Stabilisierung der Erzkonservativen angesagt mit Lederhosen und Dirndl. Konservativ sei wieder sexy. Doch die Geister, die sie riefen, werden sie nicht mehr los! Kreuze in den Klassenzimmern, Schweinshaxen, katholisch-rechte Aufmärsche gegen die Teufel der überwundenen 1968er-Generation, Motorradsegnungen statt Kanonen, Böllern in der Kirche. Es fehlt der Willkommensgruß mit Handschlag für die Migranten. Der Erdrutsch ist losgetreten und die Ideen von vorgestern lösen sicherlich keine Zukunftsprobleme.
Schulz und Wagenknecht können das mit Sicherheit nicht unterschreiben. Der Inhalt ist nicht allein volksnah, sondern trampelig und primitiv. Die „Zehn Gebote der CSU“sind kein Denkansatz von Vernunft und Logik, sondern atmen den Geist des billigsten Populismus.
Herbert Kleiner, Argenbühl
CDU wird weiter „verzwergen“
Zum Kommentar „Zur Einigkeit verdammt!“und dem Bericht „Wie schwarz ist schwarz noch?“von Sabine Lennartz (7.10.):
Der „letzte große Aufschlag“der CDU in der Familienpolitik „waren die Krippenplätze Ursula von der Leyens“, meint Sabine Lennartz in ihrem Kommentar. Habe ich richtig gelesen? Damit begann doch der Niedergang der Familienpolitik, einst der “Markenkern“der CDU. Die Familienpolitik der CDU hat Frau Lennartz in ihrem Bericht so denn auch gar nicht erwähnt. Sie findet sich im CDU-Wahlprogramm ja auch kaum noch: dürftig. Auch Gesellschaftspolitik: Fehlanzeige. Der „Mitte-Links-Kurs“der CDU wird auch im wahrscheinlichen „JamaikaBündnis“weitergehen, trotz oder wegen der „Seehofer-CSU“, die vor lauter Schaukeln immer schwindliger wird. Die „Verzwergung“der CDU wird weitergehen. Und Angela Merkel meinte in der „Elefantenrunde“am Wahlabend „Ich kann nicht erkennen, was wir jetzt anders machen müssen“. Irgendwann sind selbst die tüchtigsten Politiker abgehoben und verbraucht. Und die Familienpolitik, die doch das Zukunftsthema sein sollte? Das Ministerium wird vermutlich an eine grüne Ministerin gehen, die eine akademische, gender-feministische Familienpolitik für ihr Klientel machen wird. Die gebeutelten kinderreichen Mittelund Unterschichtfamilien, schon jetzt auf dem „Verarmungstrip“, werden wieder weitgehend leer ausgehen oder sich Randparteien zuwenden.
Hans-Otto Dumke, Biberach
Zu recht die Quittung erhalten
Zum Artikel „Merkel gewinnt und verliert am meisten“(25.9.):
Es war schwer zu ertragen, das Wahlkampfgeplänkel, SPD versus CDU/ CSU, da es eindeutig auf ein „Nur weiter so …“ausgerichtet war. Eine gemeinsame politische Interessenlage war‘s weniger, mehr der schiere Machterhalt. Frau Merkel bleibt Kanzlerin und die Sozialdemokratie darf wieder mit am Tisch sitzen, so der Plan. Perspektivische Politik und dringende Reformen blieben Randthemen oder wurden ausgespart.
Die Regierungsparteien erhielten dafür mit horrenden Verlusten, ja historischen Tiefstwerten zu Recht die Quittung. Diese „Verluste“ausschließlich mit dem Flüchtlingsthema zu begründen, ist nur die halbe Wahrheit.
Die Kanzlerin ist vorwiegend außenpolitisch unterwegs. Innenpolitische, zukunftsorientierte Konzepte lässt sie nicht erkennen, und ihre beliebigen, wenig habhaften Aussagen konnten nicht mehr befriedigen. Beispiele: Das bereits heute kollabierende Rentensystem wird bis 2030 nicht angerührt. Prekäre Arbeitsverhältnisse und Teilzeitjobs, die die Altersarmut noch zusätzlich befördern, bleiben unangetastet, eine Pflegestruktur jenseits der Realität, Bildung ja, aber das sei ja Länderhoheit, und einiges andere mehr.
„Jamaika“als Alternative? FDP und Bündnis 90/Die Grünen werden wohl dem Reiz der Macht erliegen und hierzu ihre politischen Schwerpunktthemen wohl stark „skelettieren“müssen. Politisch große „Würfe“ließen sich daher eher nicht erwarten.
Zur AfD nur so viel: Wenn man politische Gegner nur verbal „abkanzelt“und sich dabei einer sachlichen Diskussion verschließt, verhilft man ihnen genau dorthin, wo man sie keinesfalls haben wollte, im Bundestag mit 94 Abgeordneten bei permanenter medialer Präsenz im Parlament.
Zur SPD: Nach diesem Wahlergebnis eine Regierungsbeteiligung zu verneinen ist plausibel, gleichwohl politisches Kalkül. Druck auf die „Jamaikaner“ausüben die Strategie. Im Falle des Scheiterns würden die Sozialdemokraten sicherlich aus Staatsräson und Verantwortung dem Land gegenüber wieder mit der CDU/CSU koalieren, ohne das Gesicht zu verlieren. Politik ist, wie sie ist.
Günter Kallis, Aalen
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