Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Der richtige Schritt birgt Risiken
Die Anzeige der Stadt ist richtig, weil auf diese Form von Hass-Postings nicht nur mit Schulterzucken reagiert werden darf. Es muss klar sein, dass Verfasser beim Schüren von reinem Hass gegen Feuerwehrleute im Internet mit keiner Toleranz rechnen dürfen. Es muss auch die gesellschaftliche Diskussion darüber befeuert werden, wie dem Verbreiten von Hass und der Lust auf Rache im Internet Grenzen gesetzt werden können. Das ist nicht so einfach. Facebook an sich ist nicht böse. Mit dem Werkzeug kann ich Gutes tun, mit Menschen in Kontakt kommen, Ideen austauschen und Familien zusammenhalten. Ich kann es aber missbrauchen, um andere zu mobben, sie ihrer Würde zu berauben. Um unterscheiden zu können, muss die Gesellschaft ihre Werte gegenüber den Brandstiftern im Internet klar definieren. Ohne Konsens in der Werte-Orientierung ist diese Auseinandersetzung nicht möglich.
Darin liegt bei der gegenwärtigen Gesetzeslage auch ein Risiko. Was ist, wenn der Verfasser mit einer geringen Strafe davon kommt? Bliebe die Strafe bei einer für ihn überschaubaren Strafzahlung, hätte er womöglich sein Ziel erreicht: eine größtmögliche öffentliche Aufmerksamkeit und die Befriedigung irrationaler Rachegelüste gegen kalkulierbare Kosten. Straftaten über Facebook und Co. sind eine relativ neue Erscheinung. Es ist aber ein Unterschied, ob ich die Androhung einer Straftat im persönlichen Gespräch formuliere oder tausendfach und anonym über Facebook verbreite, mit der Gefahr, dass sich dort jemand findet, der solche ekelhaften Ideen in die Tat umsetzt. Das Rechtssystem ist auf solche Art der Kriminalität noch nicht vorbereitet.
Deshalb muss die Auseinandersetzung in der Diskussion mit Abgeordneten und Politikern vor Ort weiter geführt werden. Der Gesetzgeber sollte die Gesetze zur Bestrafung der Urheber von Hass- und Droh-Postings verschärfen. Das ist keine einfache Diskussion. Auf der anderen Seite nämlich steht der Schutz der freien Meinungsäußerung als Grundrecht. Auch sie ist wichtiger Teil unseres Werte-Systems, siehe oben.
r.multer@schwaebische.de