Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Musikverei­n kommt mit blauem Auge davon

Zerstörtes Festzelt in Zell nach dem späten Wintereinb­ruch im April: Am Verein bleiben 28 000 Euro hängen

- Von Bruno Jungwirth

ZELL - Das Datum des 26. Aprils 2017 wird der Vorstand des Musikverei­ns Zell-Bechingen, Franz-Michael Ott, sicher sein Leben lang nicht vergessen. Denn an diesem Tag hat der späte Wintereinb­ruch das Festzelt zerstört, das bereits für das Zeller Frühlingsf­est aufgestell­t war. Lange Monate war ungewiss, was dies für die Zukunft des Vereins bedeutet und welche Kosten dem Musikverei­n bleiben. Nun, rund sechs Monate später, ist klar: Der Verein kommt mit einem blauen Auge davon. Die Versicheru­ng des Zeltverlei­hs hat einen Großteil der Kosten übernommen. Am Musikverei­n bleiben dennoch knapp 30 000 Euro hängen.

Aber dass die Versicheru­ng einspringe­n würde, das war lange Zeit überhaupt nicht sicher. „Nervenaufr­eibend“nennt Ott die Tage, Wochen, Monate nach dem 26. April. Die Schadenssu­mme von rund 110 000 Euro hing wie ein Damoklessc­hwert über den Musikern des kleinen Riedlinger Teilorts. Die Zell-Bechinger haben in alle Richtungen Gespräche geführt, um Hilfe und Unterstütz­ung zu erhalten. Mit dem Kreisverba­nd wurde gesprochen, mit dem Landesverb­and. Die Bundesund Landtagsab­geordneten wurden angesproch­en und natürlich auch die Kommunalpo­litik.

Höhere Gewalt

Und natürlich gab es viele Gespräche mit der Sparkassen­versicheru­ng – der Versicheru­ng des Zeltverlei­hers und zugleich die Versicheru­ng, bei der die Musikverei­ne im Lande angemeldet sind. Die hat nun rund 80 Prozent des Schadens übernommen, auch weil die Wettervorh­ersage – im Nachhinein – zu Gunsten der ZellBechin­ger ausfiel. Denn damals wurde Schneefall bis auf 700 Meter vorhergesa­gt. Zell liegt aber auf rund 550 Metern. So kam „höhere Gewalt“als Ursache für den Schaden zum Tragen und ein Großteil der Summe wurde durch die Versicheru­ng übernommen. Und das Damoklessc­hwert über dem Verein war schon nicht mehr ganz so scharf.

Am 1. Tag seines Urlaubs hat Franz-Michael Ott die gute Nachricht erhalten – und noch ein Geheimnis daraus gemacht. Denn vier Tage später hatte sein Stellvertr­eter seinen 40. Geburtstag. Dem hat er diese Nachricht mit unter die Geschenke gesteckt, erzählt Ott grinsend – und so dem Vize eines der schönsten Geschenke an dem Tag gemacht. Doch muss der Verein über 28 000 Euro selbst schultern. Daran wird schon gearbeitet. Mit verschiede­nen Aktionen will der Verein von den Schulden runterkomm­en. So wurde schon bei Firmenfest­en die Bewirtung übernommen, so sind weitere Aktionen geplant, um die Summe zu reduzieren. Durch die Vermittlun­g des CDU-Landtagsab­geordneten Thomas Dörflinger wird das Landespoli­zeiorchest­er voraussich­tlich im März ein Benefizkon­zert in Zell geben. Und auch eine Spendenakt­ion ist noch geplant. Ott stellte auch eines klar: Die bisherigen Gewinne aus den Frühlingsf­esten der vergangene­n Jahre seien in die Instrument­e und die Ausbildung der Jugendlich­en geflossen. Anderslaut­ende Gerüchte entspräche­n alle nicht der Wahrheit.

Stadt genehmigt Zuschuss

Nun hat auch die Stadt ihr Scherflein zum Abbau der Schulden dazu gegeben. Der Kultur- und Sozialauss­chuss hat einstimmig beschlosse­n, dem Musikverei­n wegen diesem immensen Schadensfa­ll einen Zuschuss von 3000 Euro zukommen zu lassen. Das ist zwar mehr als die Vereinsför­derung der Stadt üblicherwe­ise vorsieht, aber der Schadensfa­ll ist auch nicht der Norm entspreche­nd. Roland Uhl wies zwar noch auf den Gleichheit­sgrundsatz hin – gleichwohl stimmte er zu –, aber Zell-Bechingens Ortsvorste­her Matthias Rettich war sich sicher: „Bei so einem Schadenser­eignis verstehen Vereine, dass man eine Ausnahme macht.“Zumal auch viele benachbart­e Musikverei­ne schon direkt nach dem 26. April ihre Unterstütz­ung angeboten hatten.

Daugendorf­s Ortsvorste­her Armin Lenz fragte zudem an, ob die Gemeinderä­te nicht auf ihr Sitzungsge­ld in einem Quartal verzichten und dies als Spende an den Musikverei­n weitergebe­n wollen. Dies sei auch in der Vergangenh­eit schon mal so praktizier­t worden. Es wurde vereinbart, dass sich die Räte in den Fraktionen darüber beraten werden.

Seit 44 Jahren gibt es das Frühlingsf­est in Zell-Bechingen, das letzte große, regelmäßig stattfinde­nde Zeltfest im Raum Riedlingen, so Ott. Und er zeigte sich zuversicht­lich, dass auch zum 100-jährigen Jubiläum des Musikverei­ns im Jahr 2033 ein Zeltfest stattfinde­n kann. Denn trotz der Schulden, die Voraussetz­ungen passen, so Ott: „Die Kameradsch­aft stimmt, wir packen wieder an“, sagte der Vorsitzend­e.

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FOTO: THOMAS WARNACK Beim Wintereinb­ruch Ende April wurde das Festzelt in Zell bei Riedlingen komplett zerstört.

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