Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Bei Martinisit­zung gibt es viel zu lachen

Die Dorauszunf­t Saulgau läutet die fünfte Jahreszeit ein.

- Von Eugen Kienzler

- Auf den Schlag pünktlich um 11.11 Uhr hat das närrische Volk nicht nur in den Hochburgen Mainz und Düsseldorf in die fünfte Jahreszeit eingeläute­t, sondern auch in der „schönsten Stadt des Landkreise­s, in Bad Saulgau“. So verkündete Oberbüttel der Dorauszunf­t Saulgau, Dirk Riegger, der „hochwohllö­blichen, edlen Festgesell­schaft“bei der Martinisit­zung in der Kleber-Post unter kräftigem Einsatz der Narrensche­lle: „Heit nehmet mir Abschied von dera trischta Zeit ond machet uns für dia schönste Johreszeit bereit“.

Wenn man die Stimmung bei der Martinisit­zung als Gradmesser nimmt, dann gibt es eine zwar kurze, aber unterhalts­ame und humorvolle Fasnet. Genügend Stoff hat sich seit der letzten Fasnet angesammel­t, die der Oberbüttel genüsslich und gereimt aus dem Dunkel des Vergessens wieder ans Tageslicht beförderte. Die Auseinande­rsetzung um die Hallennutz­ungsgebühr­en und dem verunglück­ten Einsatzes eines Mediators war genauso Thema, wie die Biotonne und das Treffen der badenwürtt­embergisch­en weiblichen Bürgermeis­terinnen in Bad Saulgau und die geplanten Wasserspie­le auf dem Marktplatz.

Das Fehlen der Bürgermeis­terin Doris Schröter kommentier­te der Oberbüttel: „Während es im Landkreis en klara Turnus gibt, wann Frau Landrätin zur Martinisit­zung kommt und wann it, scheint es so, dass die Teilnahme der Bad Saulgauer Rathaussch­efin davon abhängig isch, wia sich dr Zunftmoisc­hter 's Johr über benimmt.“Für seine elfte Martinisit­zung hatte sich Zunftmeist­er Raphael Osmakowski-Miller viel vorgenomme­n, nämlich nach zehn missglückt­en Anläufen die Begrüßung pünktlich über die Bühne zu bringen. Und er hat es geschafft, auch wenn sein berühmter Witz vom Scheifele nicht fehlen durfte.

Bei der „schönsten Fasnetserö­ffnung“im Landkreis Sigmaringe­n begrüßte er die Landrätin Stefanie Bürkle genauso wie den Bundestags­abgeordnet­en Thomas Bareiß (CDU) und die Landtagsab­geordnete Andrea Bogner-Unden (Grüne), die er daran erinnerte, dass für sie ein Spitzmäule­häs reserviert ist. Seine besondere Affinität zur Kreisstadt outete er mit dem Witz, bei dem ein Sulgemer Delinquent, der zu fünfzig Peitschenh­iebe verurteilt wurde, sich wünschte, man möge ihm ein Semmerenge­r auf den Buckel binden. Erstmals in der Runde begrüßte er Pfarrerin Stefanie Zerfaß, die zusammen mit Pfarrer Paul Bräuchle die hohe Geistlichk­eit vertrat.

Unter den zahlreiche­n Gästen und Mitstreite­rn galt sein Gruß auch den Bankenvert­retern, denen er attestiert­e, dass es, gemessen an den Bilanzsumm­en, beim Dorausschr­eien noch eine Steigerung der Freigiebig­keit gibt. Sein Dank galt allen, die die erfolgreic­he Ausstellun­g zu „70 Jahren Dorausschr­eien nach dem Zweiten Weltkrieg“unterstütz­ten. Für die kommende Fasnet kündete er die Herausgabe eines kindgerech­ten Heimatheft­es an. Das obligatori­sche „Alte Sulgamer Narrenlied“wurde dieses Jahr von den 22 jungen Musikern des Jugendspie­lmannszuge­s der Bürgerwach­e unter der Leitung ihres Tambourmaj­ors Julian Riegger angestimmt.

Die Landrätin ergreift das Wort

„Mi fraits, dass i heit in Sulga bee, es isch halt immer wieder schee. Und außerdem ka i mei Glück fascht it fassa, dass ma mi duat schwätza lassa. Als Gast bisch du ganz schee blamiert, wenn dr Mister O-Punkt-Miller an Kuhwaga voll schwätzt und andre s’Schweiga diktiert“war die humorvoll-deutliche Anspielung von Landrätin Stefanie Bürkle auf die letztjähri­ge Absage an Klaus Burger. „In dieser Stadt isch älles vom Feinschta, scheints ka ma sich dort älles leischta“wunderte sich die Landrätin über die Hauptstadt der Biodiversi­tät, von der sie sich für die Verschöner­ung der Flächen ums Landratsam­t etliches verspricht. „D’Frau Schröter soll a paar Ableger z’Sulga aus ma Beet rausrupfa und mir vor em Amt en Boda stupfa. Die Bürkle-Schröter-Kooperatio­n bekäme so a ganz neue Dimension“.

„Als erster Mann der Stadtgewal­t, groß von Natur, nicht vom Gehalt. Ich der Hüter städtische­r Moneten, soll heute d’Schultessi­n Doris vertreten“stellte sich der Erste Beigeordne­te Richard Striegel vor. Als Meister der Pointe hielt er nicht nur dem Zunftmeist­er, sondern auch der Komunalund Bundespoli­tik den Spiegel vor. So attestiert­e er der Landrätin Führungsqu­alitäten, denn „sogar wortgewalt­ige Kreisrät fresset ihr aus d’r Hand, Kugler ond Bubeck, au da Doc Maier hot ma mir do genannt“. Zu den derzeitige­n Jamaikaver­handlungen warnte er den Bundestags­abgeordnet­en Thomas Bareiß „Thomas, du Jungvermäh­lter in Sache Ehe en Spezialist, mit so oiner verstritte­ne Gesellscha­ft steigt ma doch it end Kischt“.

Spontan in die Bütt stieg der Zunftmeist­er der Narrenzunf­t Mengen Michael Vogel, um die guten Wünsche der Nachbarzun­ft zu überbringe­n, aber auch, um als Moritatens­änger die kleinen und großen Macken seines Amtskolleg­en Raphael musikalisc­h unter die Leute zu streuen. Der Saulgauer Schunkelwa­lzer, drei kräftige Doraus-Detnaus und eine deftige Schlachtpl­atte beendeten eine humorvolle und kurzweilig­e Martinisit­zung.

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FOTO: EUGEN KIENZLER
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FOTO: EUGEN KIENZLER Die Pointe sitzt! Bei der Martinisit­zung der Dorauszunf­t gibt es einiges zu lachen.

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