Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Dramatischer Appell internationaler Forscher
Weckruf vor den entscheidenden Klimaverhandlungen
CORVALLIS (dpa) - Mehr als 15 000 Forscher aus über 180 Ländern haben eine eindringliche „Warnung an die Menschheit“unterzeichnet. „Das ist eine überwältigende Resonanz, die wir nicht erwartet haben“, sagt KoAutor Thomas Newsome von der University of Sydney. Die im Fachjournal „BioScience“veröffentlichte Aufforderung zu konsequenterem Umweltschutz ist der zweite gemeinsame Aufruf der Weltforschergemeinde nach einem ersten vor 25 Jahren. Die Experten ziehen eine ernüchternde Bilanz zum Zustand der Erde.
Im ersten Aufruf hatten 1700 Wissenschaftler – darunter viele Nobelpreisträger – neun besonders drängende Problemfelder wie Klimawandel, Waldabholzung und Schwinden der Artenvielfalt beschrieben. Außer bei der Stabilisierung der Ozonschicht hätten die Menschen seither viel zu wenige Fortschritte gemacht, schreibt der Ökologe und Erstautor William Ripple von der Oregon State University. „Alarmierenderweise hat sich das meiste sogar verschlechtert.“Das achtköpfige Autorenteam greift für seine Übersicht auf Daten von nationalen Behörden, Organisationen und Forschern zurück.
12,3 Milliarden Menschen bis 2100
Das Bevölkerungswachstum hält an, vor allem in den armen Regionen der Welt. Bis 2100, so schätzen Experten, werden auf der Erde zwischen 9,6 und 12,3 Milliarden Menschen leben. Darauf folgt das Problem Trinkwasserversorgung – seit 1992 ist die Menge des pro Kopf verfügbaren Trinkwassers um etwa ein Viertel gesunken. Vor allem durch den Eintrag von Dünger und Erdöl hat die Zahl sauerstoffarmer Todeszonen in den Ozeanen um etwa 75 Prozent zugenommen. Die Bestände zahlreicher Fischarten sind bedroht, unter anderem auch durch Überfischung. Darüber hinaus sind zwischen 1990 und 2015 mehr als 120 Millionen Hektar Wald abgeholzt worden, ein Gebiet etwa so groß wie Südafrika. Seit 1992 sank die Zahl der Säugetiere, Reptilien, Amphibien, Vögel und Fische um 29 Prozent.
Für den Klimawandel ist unter anderem der wachsende KohlendioxidAusstoß der Menschheit verantwortlich – weltweit stieg er um 62 Prozent. Das Jahresmittel der weltweiten Oberflächen-Temperaturen zeigt über 25 Jahre ein Plus von 168 Prozent. Es gibt immer wieder Situationen, in denen man ärgerlich, vielleicht auch wütend oder resigniert werden kann. Nur all diese Reaktionen helfen verdammt wenig. Ich bin aus Afrika mit einem kleinen Sprichwort zurückgekommen: Die beste Zeit, einen Baum zu pflanzen, war vor 30 Jahren. Die zweitbeste Zeit ist jetzt.
Und was heißt das konkret?
Wir müssen wenigstens dazu kommen, dass wir die Aufforstungsprogramme machen und alles daran setzen, dass die Entwicklungen in Brasilien nicht so eintreten, wie sie sich uns darstellen. Wir müssen aber auch betrachten, dass das Abholzen für viele Menschen dieser Erde Einkommensquellen sind. Wenn Sie sehen, wie schwer es uns fällt, die Reste der Braunkohle stillzulegen ohne ein breites Begleitprogramm, dann können Sie auch verstehen, dass es in anderen Ländern noch schwieriger ist. Das ist