Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Selbstgedrehtes Video überführt den Täter
Nach dem Konsum einer Kräutermischung vergewaltigt ein 23-Jähriger seinen Freund
SIGMARINGEN - Zu einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung ist ein 23-Jähriger aus einer Gemeinde im Laucherttal vor dem Sigmaringer Schöffengericht verurteilt worden. Der Mann rauchte in seiner Wohnung gemeinsam mit einem Freund eine Kräutermischung. Obwohl es dem Freund danach übel wurde, vergewaltigte der 23-Jährige ihn und filmte dies mit seinem Smartphone. Das von der Polizei sichergestellte Video überführte den Täter.
Eigentlich waren die beiden Männer Freunde, aber kein Paar. Da der jüngere Stress mit seinen Eltern hatte, übernachtete er bei dem 23-Jährigen. Gleich am Vormittag genehmigten sich die beiden dann die Kräutermischung aus dem Internet, die sie aus einer Wasserpfeife rauchten.
Dem Gast bekam das Kraut gar nicht. Er kippte um, erbrach sich und war nahe der Bewusstlosigkeit. Statt ihm zu helfen, nahm der 23-Jährige verschiedene sexuelle Handlungen an dem Freund vor. Dabei filmte er mehrere Szenen. Als der Jüngere einige Stunden später wieder bei Bewusstsein war, zeigte der Täter ihm die Aufnahmen. Dieser lief direkt zur Polizei, die dann eine halbe Stunde später auch schon bei der Wohnung eintraf.
„Auf unser Klingeln hat in dem Mehrfamilienhaus keiner reagiert“, sagte einer der Polizisten nun im Zeugenstand. Den Beamten sei es schließlich gelungen, in die Wohnung zu kommen. Hier fanden sie den 23-Jährigen schlafend in seinem Bett. „Er schien sofort zu wissen, weshalb wir da waren“, so der Zeuge. Er habe die sexuelle Tat selbst angesprochen, sie jedoch bestritten. Das Smartphone und die Tüte mit der Kräutermischung nahmen die Beamten mit und gaben sie an die Kripo weiter.
Diese konnte auf dem Handy mehrere Szenen sicherstellen. Um sich ein besseres Bild von dem Vorgefallenen zu machen, sahen sich Richter, Staatsanwalt, ein hinzugezogener Gutachter und der Verteidiger die Szenen an. Es ging vor allem darum zu klären, ob es an zwei verschiedenen Tagen zu sexuellen Handlungen gekommen war oder ob alles an einem Tag geschah. Die Gesetzeslage ist so, dass der Täter härter bestraft wird, wenn es sich um zwei verschiedene Taten handelt. Der Geschädigte behauptete, er sei von seinem Freund an zwei Tagen missbraucht beziehungsweise vergewaltigt worden. Auf den Videoaufnahmen war allerdings nur ein Datum zu sehen und zwar der 17. November 2016. So wusste es auch der Täter in seiner lückenhaften Erinnerung.
Der 23-Jährige hat vor sieben Jahren eine Sonderschule absolviert, aber nur für paar Monate eine Arbeitsstelle gehabt. Ihm sei gekündigt worden, weil er zu langsam gewesen sei, sagte er vor Gericht. Die restliche Zeit war er arbeitslos, lebte aber allein in einer kleinen Wohnung. Während dieser Zeit gab es auch schon öfter Straftaten wie Diebstähle, Sachbeschädigungen und ähnliches. Er sei lernbehindert, erklärte der Angeklagte und kontaktscheu. Seine Mutter, die der Richter spontan in den Zeugenstand rief, beschrieb den Geisteszustand ihres Sohnes auf ihre Weise: „Er ist halt ein bissle zurückgeblieben.“
Psychiater vermittelt Job
Auf Drängen des Arbeitsamtes haben sich Mutter und Sohn nun in diesem Jahr an einen Psychiater gewendet, der dem Mann eine Arbeitsstelle in einer Behinderteneinrichtung vermittelt hat. Seit Mitte Oktober durchläuft er jetzt eine Testphase, die nach zwei Jahren in einen festen Job münden könnte. Zwei Betreuer kümmern sich um ihn.
Dass der 23-Jährige nun die Chance hat, doch noch auf den richtigen Weg zu finden, honorierte das Gericht mit einem relativ milden Urteil. Ein Gutachter sieht den Angeklagten voll schuldfähig. „Für Vergewaltigung gibt es zwei bis 15 Jahre“, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Doch in diesem Sonderfall fordere er zwei Jahre auf Bewährung. Dazu soll er dem Geschädigten drei Jahre lang monatlich 30 Euro überweisen. Die psychiatrische Behandlung sei fortzusetzen. Der Verteidiger sagte darauf hin: „Der Staatsanwalt hat in allen Dingen das richtige Maß gefunden.“Gleichzeitig forderte er das Gericht auf, das Strafmaß möglichst unter zwei Jahren zu halten. Der Richter folgte jedoch der Forderung des Staatsanwalts und legte dazu die Bewährung auf vier Jahre fest, obwohl der Staatsanwalt nur drei Jahre gefordert hatte.
Der Geschädigte trat übrigens auch als Zeuge auf. Sein angeklagter bisheriger Freund entschuldigte sich mit Tränen in den Augen bei ihm für die Tat. Doch der nahm die Entschuldigung nicht an. „Solche Leute sollte man einsperren und den Schlüssel wegwerfen“, sagte er.