Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Melos-Ensemble gefällt es in Fulgenstadt
Chor interpretiert in der Adventszeit auch selten gehörte Vertonungen
FULGENSTADT - Das Melos-Ensemble und das Vokalensemble Überlingen sind in diesem Jahr von der St.Antonius-Kirche in Bad Saulgau in die Kirche nach Fulgenstadt gezogen. In der dort neu hergerichteten Pfarrkirche fanden sie jedenfalls eine so wundervolle Akustik vor, dass Chorleiterin Petra Ziebig sich vorgenommen hat, dort öfter aufzutreten.
Gleichbleibende Töne an riesigen Klangstäben erzeugten eine besondere Atmosphäre und leiteten den Einzug des Ensembles ein. Das „Kyrie“der schwedischen Komponistin Valborg Werbek-Svärdström entwickelte sich von einem leisen Seufzen zu einem herrlichen Klang. Auch das „Northern Light“des zeitgenössischen norwegischen Komponisten Ola Gjeilo begann sehr fein, wurde eindringlich und verklang – ähnlich einem Nordlicht – fast im Nichts. Eindrucksvoll erklang auch Max Regers „Es kommt ein Schiff geladen“: Aus dem geheimnisvollen Gesamtklang hob der Chor das „Gottes Sohn“heraus. Die nächsten Strophen sollte das Publikum mitsingen, das die dritte Strophe aber wieder ganz dem Chor überließ.
Der lettische Komponist Rihards Dubra vertonte auch Bibelstellen, die in Deutschland nicht unbedingt zum üblichen Weihnachtsrepertoire gehören. Dazu zählt „Stetit Angelus“(Da steht ein Engel“), mit dem beim ersten Vortrag vier Chorgruppen durch die Kirche zogen und mit sphärischen Klängen die Grundmelodie begleiteten. Ebenso beeindruckte das vom Melos-Ensemble sehr homogen gesungene „Rosa vernans caritatis“(blühende Rose der Liebe), das sich aus dem Nichts heraus zu einem großen Volumen entwickelte. Mit seiner Choroi-Harfe zog Simon Pepper das Publikum in seinen Bann: Jeder Ton erklang bedeutend, nachdenklich, gerade wenn er ganz fein und leise gespielt wurde.
Vertonte von Novalis
Ein steter Begleiter der Ziebig-Ensembles ist der Anthroposoph und Komponist Jürgen Schriefer, der die „Schule der Stimmenthüllungen“von Valborg Werbek-Svärdström weiterentwickelt hat. Sein Chorwerk „Was wär ich ohne dich gewesen?“nach Texten von Novalis führen die Sänger immer wieder vor. Jedes Mal ertönt es noch bedeutungsvoller und reifer. Der Anfang klingt geheimnisvoll, dann wird der Vortrag sehr bestimmt, schließlich wieder sanft. Stets erklingt der Text sehr verständlich und klar.
Beeindruckend war auch das „Magnificat“des estnischen Komponisten Arvo Pärt. Aus einem leisen und sehr feinen Beginn entwickelte sich ein voller Ton beim „Er stürzt die Mächtigen vom Thron“oder „Er nimmt sich seines Knechtes Israel an“- Beides wurde auf Latein gesungen. In den achtstimmigen Kanon “Er ist ein Stern“des zeitgenössischen Komponisten Stephan Ronner band die Dirigentin auch die Zuhörer ein, und es kam tatsächlich ein gemeinsamer großer Gesang zustande.
„Quem vidistis pastores dicite“(sagt, ihr Hirten, wen ihr gesehen habt) ist ein Werk des französischen Komponisten Poulenc. Das Ensemble begann mit einem gemeinsam gesummten Ton, und führte das Werk kraftvoll, manchmal sogar stürmisch fort. Im letzten Teil des Konzerts wiederholte das Ensemble nochmals das „Stetit angelus“und „Was wäre ich ohne dich gewesen“jeweils mit noch komplizierteren Vertonungen.
Es ist zu wünschen, dass die Ensembles aus Überlingen und Bad Saulgau sich weiterhin in der Adventszeit einbringen – auch außerhalb der Kernstadt.