Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Doppelagent
Die rätselhafte Erkrankung des pensionierten Doppelagenten Sergej Skripal belastet die britisch-russischen Beziehungen. Im Krankenhaus des südenglischen Provinzstädtchens Salisbury ringt der 66-Jährige mit dem Tod. Der frühere Oberst der russischen Streitkräfte und seine 33-jährige Tochter Julia wurden bewusstlos auf einer Parkbank aufgefunden. Im Unterhaus erinnerte Außenminister Boris Johnson am Dienstag an den Fall des radioaktiv vergifteten KGBÜberläufers Alexander Litwinenko. Dieser wurde 2006 wahrscheinlich vom russischen Geheimdienst getötet.
Skripal arbeitete Medienberichten zufolge jahrelang für den sowjetischen und später russischen militärischen Geheimdienst GRU. Offenbar hat er seit den 1990er-Jahren Geheimnisse an den britischen Auslandsdienst MI6 weitergegeben. 2004 wurde Skripal verhaftet, zwei Jahre später zu 13 Jahren Arbeitslager verurteilt und 2010 im Rahmen eines Agentenaustausches nach Großbritannien entlassen. Im Jahr darauf kaufte er ein Haus in Salisbury.
Am Sonntagnachmittag waren Skripal und seine aus Russland zu Besuch weilende Tochter offenbar zum Einkaufen unterwegs. Eine Augenzeugin schilderte der BBC später, sie habe die beiden auf einer Bank nahe des Einkaufszentrums Maltings gesehen – „ihr Kopf ruhte auf seiner Brust, er machte komische Handbewegungen.“Ohne äußere Verletzungen wurden die Bewusstlosen ins örtliche Spital eingeliefert. In britischen Medien ist von dem Opioid Fentanyl die Rede. Die britische Anti-Terror-Polizei hat die Ermittlungen übernommen, wie Scotland Yard mitteile.
Sebastian Borger und dpa